Wird Babiš auch mit Stasi-Vergangenheit Premier?
Tschechiens geschäftsführender Premier Andrej Babiš hat den Rechtsstreit um seine mutmaßlichen Verstrickungen in die tschechoslowakische Staatssicherheit verloren. Ein Gericht in Bratislava urteilte rechtskräftig, dass eine Akte zu seiner Person nicht aus den Archiven entfernt werden solle. Kommentatoren gehen davon aus, dass der Makel in seiner Vergangenheit dem Politiker nicht zum Verhängnis wird.
Welch ein Mangel an moralischem Bewusstsein!
Hospodářské noviny sieht den Fall Babiš als Beleg dafür, wie weit sich Tschechien mittlerweile vom Westen entfernt hat:
„Während es etwa in Deutschland nur schwer vorstellbar wäre, dass die dortige Regierung von einem Menschen geführt wird, der Agent der kommunistischen Stasi war, ist das den Leuten bei uns egal. Die Wähler wussten davon, aber trotzdem gaben sie Babiš 30 Prozent der Stimmen. Und die politischen Parteien, die nicht mit ihm zusammen regieren wollen, sehen als grundsätzliches Problem nur die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrugs. Über seine Zusammenarbeit mit der Stasi verlieren sie kein Wort. Was moralische Kriterien in der Politik angeht, resigniert Tschechien zunehmend.“
Test für Tschechiens Parlamentarier
Lidové noviny, eine Zeitung, die zum Konzern von Babiš gehört, fragt nach den Folgen des Urteils:
„Sicher gilt, dass ein Name im Stasi-Verzeichnis nicht automatisch heißt, dass die betroffene Person jemandem bewusst geschadet hat. Aber für die Bildung der Regierung ist die Sache zumindest ein symbolisches Problem. ... Daran ändert auch Babiš' Erklärung nichts, dass er mit dem Richterspruch nicht einverstanden ist und notfalls bis zum Tode prozessieren werde, weil er sich im Recht fühle. Der Kampf um das Vertrauen wird für die Regierung ein interessanter Test werden. Wie viele Abgeordnete aus welchen Fraktionen werden sich um den Fleck auf Babiš’ Weste scheren und wie viele überhaupt nicht?“