Was hinterlässt Stephen Hawking der Welt?
Der Tod Stephen Hawkings erschüttert Europas Medien. Der 76-jährige Astrophysiker starb in der Nacht zu Mittwoch. Journalisten trauern um ein Genie, das jedem Nichtwissenschaftler das Universum zu erklären vermochte und mit seinem Kampf gegen die ALS-Krankheit und seiner Menschlichkeit beeindruckte.
Abschied von einem Star
Ein wahrer Superstar ist gestorben, bedauert Novi list:
„In der Welt der Wissenschaft war Hawking bekannt für seine fortschrittlichen Theorien zur Entstehung des Universums und der schwarzen Löcher. Doch für die breite Öffentlichkeit war der gelähmte Wissenschaftler, der gezwungen war durch einen Sprachroboter zu kommunizieren, das ultimative Symbol der Unbesiegbarkeit des menschlichen Verstands. Sein Sinn für Humor, der Wunsch, Neues zu erleben, wie zum Beispiel die Schwerelosigkeit, sowie die Bereitschaft, soziale Phänomene zu kommentieren, haben zu seinem Status eines Superstars der Wissenschaft beigetragen. Das machte Hawking zum Teil der Populärkultur, verewigt in Serien wie den 'Simpsons', 'The Big Bang Theory' oder der Verfilmung der eigenen Biographie.“
Populär und präzise
Ein Vorbild bleibt der außergewöhnliche Astrophysiker über seinen Tod hinaus, tröstet sich El Mundo:
„Hawking hat die Astrophysik vom unerreichbar hohen Podest heruntergeholt und der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Dabei hat er nichts an Präzision als Weltklasse-Wissenschaftler eingebüßt. Ohne sich aus dem Stuhl zu erheben, nur mithilfe eines Sprachcomputers und seiner charismatischen Persönlichkeit bekämpfte er das in der Branche geltende Vorurteil, dass Wissenschaft durch Popularisierung zwangsläufig an Qualität verliert. Er behielt Recht. Unzählige Wissenschaftler entdeckten ihre Berufung durch Hawkings Bücher und Vorträge. Mit seiner konsequenten Liebe zum Wissen ist er ein ergreifendes Vorbild für das Überwinden eigener Hindernisse.“
Großer Geist in schwachem Körper
Auch der jahrzehntelange, vor der Öffentlichkeit nicht versteckte Kampf gegen die ALS-Krankheit gehört zum Vermächtnis Hawkings, konstatiert die Wiener Zeitung:
„Diese ... Bilder, die in unseren Köpfen von diesem Kampf für ein selbstbestimmtes Leben entstanden sind, haben mit großer Wahrscheinlichkeit mehr für die Unantastbarkeit der Würde des Menschen in seiner ganzen Gebrechlichkeit geleistet als noch so viele gut gemeinte Appelle und Kampagnen. Ähnlich wie Papst Johannes Paul II., der über Jahre sein eigenes Sterben vor aller Augen inszenierte, hat auch Hawking unserer Gesellschaft die Gewissheit vermittelt, dass auch in einem schwachen Körper ein großer Geist stecken kann. In einer Zeit, die so viel in ein makelloses Äußeres investiert, steht diese Leistung ebenbürtig neben seiner wissenschaftlichen.“
Jenseits schöner Märchen
Dass der Wissenschaftler abseits von Mythen und religiösen Überzeugungen nach der Wahrheit suchte, macht sein Erbe für Politis aus:
„Für Hawking gab es kein Leben nach dem Tod. Die Erzählungen vom Paradies seien 'Märchen für diejenigen, die Angst vor der Dunkelheit haben'. Was wir zu sagen und zu tun hätten, sollten wir in diesem Leben mit offenen Augen und wachem Verstand erledigen. Genau das tat Stephen, der auf der Erde lebte, sich aber mit den Sternen beschäftigte und diese mit Fragen überhäufte.“