Rätselraten um Nordkoreas Stopp der Atomtests
Das Regime in Pjöngjang hat am Wochenende überraschend den vorläufigen Stopp seiner Atomversuche und Raketentests angekündigt. Kurz vor der Zusammenkunft der Staatschefs von Nord- und Südkorea und nach dem Treffen des designierten US-Außenministers Mike Pompeo mit Kim Jong-un wird die Entscheidung vielerorts als Zeichnen der Entspannung in der Nordkorea-Krise gedeutet. Zu Recht?
Besinnung oder Bluff?
Was Kims möglichen Gesinnungswandel herbeigeführt hat, wird die Welt wohl nie erfahren, meint Duma:
„Kim Jong-uns Ankündigung, die Atom- und Raketentests seines Landes aussetzen zu wollen, kam nach dem Geheimtreffen mit dem CIA-Chef und zukünftigen Außenminister der USA, Mike Pompeo, in Pjöngjang. Worüber genau sie gesprochen haben, werden wir niemals erfahren. Man kann aber davon ausgehen, dass Pompeo Kim ein Angebot gemacht, das er nicht ablehnen kann. … Möglicherweise ist Kim aber auch einfach unter dem Druck der Sanktionen eingeknickt. Oder er blufft, um sich die USA und ihre Verbündeten vom Hals zu schaffen. … Nach dem historischen Treffen zwischen Trump und Kim, das bald stattfinden wird, könnte es zu einer konkreten Lösung kommen. Wahrscheinlicher ist aber, dass das Spiel so weitergeht.“
Zugeständnisse nicht überbewerten
Keinen Grund zur Euphorie wegen Kims Ankündigungen sieht The Sunday Times:
„Aufmerksame Nordkorea-Beobachter warnen davor, allzu viel in die jüngsten Entwicklungen hineinzuinterpretieren. In der offiziellen Verlautbarung, wonach Atomtests gestoppt würden, hieß es prahlerisch, dass diese nicht länger notwendig seien, weil Nordkorea bereits voll schlagfähig sei. Die Schließung des Testgeländes Punggye-ri, wo im vergangenen Jahr bei einem Unfall 200 Menschen ums Leben gekommen sein sollen, ist kein großes Opfer. Kim machte diese moderaten Zugeständnisse, weil er auf folgendes hofft: ein Gipfeltreffen auf Augenhöhe mit einem US-Präsidenten. Dieses wird aber nur dann als Erfolg gewertet werden können, wenn es uns einer Denuklearisierung auf der Halbinsel näher bringt.“
Nun ist Washington an der Reihe
Pjöngjang öffnet einen Weg zur Entspannung, den die USA nun nicht verbauen dürfen, erklärt der Vorsitzende des Außenausschusses des Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, in einem von Echo Moskwy veröffentlichten Blog-Beitrag:
„Die Chance auf eine Deeskalation der Krise, die sich vor zwei Monaten noch bis an die Schwelle eines atomaren Konflikts aufgeheizt hatte, ist offensichtlich. ... Doch für eine Normalisierung der Lage ist die aktuelle Entscheidung Pjöngjangs nicht ausreichend. Es braucht operative und demonstrative Antworten Washingtons: die Abkehr von der aggressiven, herabwürdigenden Rhetorik. Die Anerkennung des souveränen Rechts der DVRK auf eine eigene Entwicklung. Den Verzicht auf die Drohungen, einen Machtwechsel durch äußere Einmischung herbeizuführen. Das Ende der militärischen Aktivitäten an den Grenzen Nordkoreas. Und die Wiederaufnahme des politischen Dialogs.“