"Spiderman" aus Mali darf Franzose werden
Ein junger Mann aus Mali hat in Paris ein Kind gerettet, indem er es mit einer spektakulären Kletteraktion vor dem Sturz aus dem vierten Stock bewahrte. Präsident Macron will dem Einwanderer ohne Aufenthaltsgenehmigung nun die französische Staatsbürgerschaft verleihen. Kommentatoren bezweifeln, dass die Geste gerecht ist.
Spiegel der sprunghaften Asylpolitik
Äußerst merkwürdig findet De Morgen die Reaktion Macrons:
„So eine Geste passt eher zum römischen Kaiserreich als zu einer europäischen Demokratie. ... Man fragt sich, was ein geflüchteter Mann aus Mali alles tun muss, um die französische Nationalität zu verdienen. Ist eine ultimative Heldentat seit Samstag die ultimative Voraussetzung für die Einbürgerung? Was wäre mit Gassama geschehen, wenn seine beeindruckende Rettung nicht gefilmt worden wäre? ... Man kann die sympathische Geste des Präsidenten genauso gut als Beweis für die sprunghafte und unvorhersehbare Asyl- und Ausländerpolitik in vielen europäischen Ländern sehen. Politische Impulsivität und die Reaktionen der Wähler sind offensichtlich wichtiger als klare Regeln, Menschenrechte und eine stringente Politik, die auch die Ursachen von Migration angeht.“
Blöd, wenn man kein Held ist!
Dass Macron dem jungen Mann nun die Staatsbürgerschaft verleihen will, ist heuchlerisch, meint Le Temps:
„Es ist ein starkes Symbol in einem Land, das Flüchtlinge nur widerwillig aufnimmt. Das linke und sozialdemokratische Lager hat die harte Politik der Regierung oft kritisiert. ... Letzten Freitag hat der Staat wieder ein Migranten-Lager in Calais zerstört, im Norden des Landes. In den sozialen Netzwerken stellt man schon Fragen. Ist es nicht scheinheilig, wenn die französische Regierung nun die Tat von Mamoudou Gassame lobt? Und auch der Autor und Philosoph Raphaël Enthoven kritisiert die Haltung der Regierung auf Twitter: 'Wenn wir die Staatsbürgerschaft an das Begehen von Heldentaten binden, was machen wir dann mit den Migranten, die keine Helden sind?'“