Tschechien: Kommunisten tolerieren Babiš-Regierung
Acht Monate nach den Wahlen haben die tschechischen Abgeordneten im zweiten Anlauf die Minderheitsregierung des Multimilliardärs Andrej Babiš gebilligt. Das Kabinett aus populistischer Ano und Sozialdemokraten wird von den alten Kommunisten toleriert, die damit erstmals seit 1989 wieder eine Hand an der Macht haben. Was bedeutet dieses Comeback der Kommunisten in Tschechien?
Das ist der Wunsch des Volkes
Hospodářské noviny steht der neuen Regierungskonstellation zwiespältig gegenüber:
„Die Tatsache, dass die Kommunisten diese Regierung tolerieren, ist nicht nur ein symbolischer Punkt am Ende einer Phase der Entwicklung des demokratischen Tschechiens. Sie wird auch die Vorbereitung des Landes auf die Zukunft bremsen. Andererseits hat die künftige Regierung demokratische Legitimität und die Unterstützung der Öffentlichkeit. Das Bündnis aus Ano und Sozialdemokraten halten 63 Prozent für gut. Und mit der Unterstützung durch die Kommunisten haben nur 42 Prozent ein Problem. Tschechien bekommt also die Regierung, die sich die Wähler wünschten.“
Kommunisten sind flexibel
Dass die alten Kommunisten politisch wieder mitreden, ist im Grunde nichts Neues, bemerkt die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
„[A]n der Macht beteiligt waren Mitglieder der einstigen Staatsparteien schon seit Anfang der 1990er Jahre überall in Ostmitteleuropa wieder: Mit dem in der Diktatur erlernten sicheren Gespür für die gerade geltende ideologische Generallinie, der nötigen Flexibilität in ihren Ansichten und einem ausgeprägten Sinn für den eigenen Vorteil haben sie sich auf Parteien des ganzen weltanschaulichen Spektrums verteilt. Ihre Affären und Intrigen haben zur Diskreditierung demokratischer Institutionen beigetragen. Zu dieser Spezies gehört auch der tschechische Ministerpräsident Babiš.“