Wie gefährlich wäre ein Brexit ohne Abkommen?
Acht Monate vor dem geplanten Brexit-Termin wächst die Angst vor den Auswirkungen eines harten Bruchs ohne Austrittsabkommen mit der EU. Die Medien dürfen die Bürger nicht durch Berichte über Horrorszenarien verschrecken, kritisieren einige Kommentatoren. Andere warnen nicht nur Großbritannien davor, die Gefahr zu unterschätzen.
Medien lösen Brexit-Hysterie aus
Die Berichterstattung der Medien schürt unter den Briten eine übertriebene Angst vor dem EU-Austritt, kritisiert The Telegraph:
„Sie lesen davon, dass eine Industrie nach der anderen mit Verspätung auf die bevorstehende Katastrophe aufmerksam wird; davon, wie die Regierung Vorräte für Nahrungsmittel und Medikamente plant; ja sogar von der Möglichkeit, dass im Falle eines Ausstiegs ohne Abkommen unsere Flugzeuge auf dem Boden und unsere Flughäfen geschlossen bleiben könnten, weil wir automatisch das Recht verlören, Genehmigungen zu erteilen. Das ist alles so unwirklich geworden. Und als der Chef des Flughafens Heathrow enthüllte, er habe eine Milliarde Pfund für 'den schlimmsten Fall' geborgt, dass Europas verkehrsreichster Flughafen 'zwei Monate' geschlossen bleiben könnte, verstand die berichtende Zeitung die unglaubliche Auswirkung dieser Worte selbst nicht richtig.“
Europa braucht keine neue Weimarer Republik
Ein EU-Austritt ohne Abkommen wäre nicht nur für Großbritannien sondern für ganz Europa eine Gefahr, warnt Historiker Timothy Garton Ash in La Repubblica und zieht den Vergleich mit der Weimarer Republik in Deutschland:
„Eine Gesellschaft, die von innenpolitischen Spaltungen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten zerrissen, von ihren herrschenden Klassen im Stich gelassen, von Erniedrigung und Ressentiments geplagt ist. Ein solches Land ist eine Gefahr für sich und seine Nachbarn. ... Ist der Vergleich mit Weimar übertrieben? Sicher. Ich glaube kaum, dass wir Millionen Arbeitslose haben werden oder einen neuen Hitler, oder dass Boris Johnson einen Weltkrieg auslöst. Aber es ist besser, das Risiko zu betonen, damit jeder die Augen öffnet, statt die Gefahr zu unterschätzen, die der Brexit und vor allem ein schlecht geführter Brexit für Europa darstellt.“