Haushaltspoker in Rom
Italiens neue Regierung muss bis zum heutigen Donnerstag ihre Haushaltsplanung an die EU-Kommission übermitteln. Im Entwurf peilt der parteilose Finanzminister Giovanni Tria ein Defizit von 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts an. Die Regierungsparteien wollen hingegen 2,4 Prozent, um ihre Wahlversprechen umzusetzen. Italiens Presse ist skeptisch.
Italien steuert auf Unheil zu
Indem sie Finanzminister Tria immer weitere Zugeständnisse bei der Defizitgrenze abzuringen versuchen, spielen Lega und Cinque Stelle mit dem Schicksal der Nation, schimpft der Kolumnist Antonio Polito in Corriere della Sera:
„Die Forderung, die Defizitgrenze auf 2,4 Prozent anzuheben, ist eine Kampfansage an Brüssel, das ein so hohes Defizit kaum akzeptieren kann. Es ist aber vor allem der Versuch, den Finanzminister mit dem Rücken zur Wand zu stellen, ihn zu beugen, in der Hoffnung, dass er nicht zerbricht und nicht zurücktritt. Sollte er zurücktreten, wäre Italien einem perfekten Sturm auf den Märkten ausgesetzt, und es ist keineswegs sicher, dass die Regierung diesen überleben würde. Eine paradoxe Situation, bei der es um Kopf und Kragen geht – der Regierung, aber auch Italiens.“
Defizit nicht für Wahlgeschenke verschleudern
Gegen ein höheres Defizit hat Alessandro Sallusti, Chefredakteur von Il Giornale, nichts einzuwenden, es kommt aber darauf an, wie es finanziert und wofür es verwendet wird:
„Die Cinque Stelle drängen auf ein höheres Defizit nach dem Vorbild des französischen Präsidenten Macron, der ein Defizit von 2,8 Prozent angekündigt hat. 'Wenn Macron es tut, können wir das auch', sagte Cinque-Stelle-Chef Di Maio. Dabei vergisst er zwei grundlegende Dinge. Erstens, dass Italien eine Staatsverschuldung hat, die anderthalb Mal so hoch ist wie die Frankreichs. Zweitens schlägt Macron im Gegenzug zu einer drastischen Steuersenkung (25 Milliarden Euro) eine drastische Verringerung der öffentlichen Ausgaben vor, um das Wachstum zu fördern. Das ist genau das Gegenteil von dem, was die Fünf Sterne tun wollen, deren Rezept umgekehrt und rezessiv ist: mehr Steuern zur Finanzierung von Manna aus dem Wohlfahrtshimmel.“