Hass-Kommentatoren in Estland verurteilt
Weil sie im Internet Hasskommentaren ausgesetzt war, hat die estnische Schauspielerin Marika Korolev vor Gericht Schadenersatz zugesprochen bekommen. Die Anklage richtete sich gegen fünf Kommentatoren, die Korolev im Internet 2015 anonym beschimpft hatten. Journalisten in Estland fragen sich, wie es dazu kommen konnte, dass sich gerade im Internet der Hass Bahn bricht.
Im Internet brechen sich niedere Instinkte Bahn
Der Journalist und Medienpädagoge Priit Hõbemägi erklärt in Eesti Ekspress, warum Menschen im Internet ungebremst Hasskommentare schreiben:
„Auf der Straße würde es niemand wagen, einer bekannten Schauspielerin Beleidigungen ins Gesicht zu schreien. Wohl aber im Internet. Der Grund ist Anonymität, Unsichtbarkeit und das Fehlen von Hierarchien. Unsichtbarkeit verstärkt problematisches Verhalten, etwa beleidigende Kommentare oder Cyberbullying, weil der Täter nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Auch fehlen im Internet die hierarchischen Statussymbole, die in der realen Welt einem Menschen Macht und Ehrfurcht verschaffen - ein bekanntes Gesicht, eine selbstbewusste Haltung. ... Im Internet sind alle gleich. Und dort sind die physischen Folgen der Quälerei nicht sichtbar, der Beleidigende erkennt die Folgen seines Verhaltens nicht.“
Beschimpfungen haben Überhand genommen
Auch der Medienexperte Raul Rebane beschäftigt sich auf dem Portal des Estnischen Rundfunks Eesti Rahvusringhääling mit der negativen Entwicklung, die das Internet aus seiner Sicht eingeschlagen hat:
„Die Plattformen, die am Anfang noch Idealisten und neue Meinungen hervorgebracht hatten, wurden bald von Leuten übernommen, die darin eine Möglichkeit sahen, so zu schlagen, dass der Geschlagene keine Chance hat, sich zu wehren. Das wurde massiv und der Wunsch, unter dem eigenen Namen Stellung zu beziehen, verschwand schnell. Anonymität wurde zum größten Schatz. ... Ein Teil der negativen Folgen ist bis heute spürbar. Anstatt den demokratischen Prozess zu fördern, war das Gegenteil die Folge. Viele haben aufgegeben, sich in der Öffentlichkeit zu äußern, um nicht beschimpft zu werden.“