Britisches Stahlwerk: Wie sinnvoll ist die Rettung?
Mit einem Notfallgesetz hat das britische Parlament am Samstag den Weg zur Rettung des Stahlwerks Scunthorpe geebnet. Der chinesische Betreiber Jingye hatte das Werk, das als einziges des Landes Stahl nicht nur recyceln, sondern aus Erz und Koks herstellen kann, stilllegen wollen. Nun übernimmt der Staat die Kontrolle, trägt aber auch die enormen Verluste. Formal bleibt Jingye Eigentümer. Kontroverse in der Presse.
Eine Frage der Sicherheit
London hatte keine andere Wahl, analysiert The Observer:
„Eine vollständige Abhängigkeit der britischen Industrie von Stahlimporten wäre – in einer Welt zunehmender Instabilität und des Handelsprotektionismus des Weißen Hauses unter Donald Trump – mit erheblichen Risiken verbunden gewesen. Europa mag als zuverlässiger Handelspartner gelten, aber angesichts der von den USA verhängten Stahlzölle in Kombination mit dem Druck, vor dem Hintergrund der US-Abwendung von der Nato die Verteidigungskapazitäten zu erhöhen, kann sich Großbritannien nicht vollständig auf eine ausreichende Versorgung durch europäische Verbündete verlassen. ... Die Hochöfen in Scunthorpe auszuschalten, hätte die Sicherheit Großbritanniens gefährdet.“
Abhängigkeiten bleiben ohnehin bestehen
Die Verstaatlichung der Stahlindustrie sollte nicht voreilig mit dem Hinweise auf die Sicherheitsfrage gerechtfertigt werden, entgegnet The Economist:
„Wenn es sich bei den Stahlsubventionen tatsächlich um Verteidigungsausgaben handelt, stellt sich die Frage, ob dies wirklich der wichtigste potenzielle Engpass ist, der es rechtfertigt, große Summen dafür auszugeben, die andernfalls für andere dringende militärische Prioritäten verwendet werden könnten. Die britischen Stahlwerke sind ohnehin nicht völlig autark. Sie sind auf den Import von Kohle und Eisenerz aus Ländern wie Australien, Brasilien, Südafrika und Schweden angewiesen. Selbst in Kriegszeiten waren sie nicht autark. ... Auch die wirtschaftlichen Argumente für eine Intervention sollten geprüft werden.“