Belgiens Premier Michel bietet Rücktritt an
Belgiens Premier Charles Michel hat am Dienstagabend in Folge der Regierungskrise und eines von der Opposition geplanten Misstrauensvotums angekündigt, dem König seinen Rücktritt anzubieten. Nun schlittert das Land zurück in die Zeit der gegenseitigen Blockade der Parteien, fürchten einige belgische Medien. Andere können dem Schritt Michels aber auch etwas Gutes abgewinnen.
Tristes Politdrama führt zur Unregierbarkeit
Den Parteien geht es um Selbstprofilierung und nicht um das Interesse des Landes, schimpft La Libre Belgique:
„Wieder einmal müssen sich die Bürger dieses erbärmliche Schauspiel der Politik ansehen, der es schwerfällt, die Interessen der Bürger über die politischen Kleinkriege zu stellen. … Würden sie uns eine Neuauflage der gegenseitigen Schuldzuweisungen ersparen, könnte dies helfen, das Misstrauen der Bürger gegenüber den Politikern nicht weiter zu vergrößern - sofern dies überhaupt noch möglich ist. ... Es bleibt, auf einen würdevollen Wahlkampf zu hoffen, der sich auf Bilanz und Programme konzentriert. Sollten die Abgeordneten erneut schäbig übereinander herziehen, wird das Wahlergebnis vorhersagbar: starker Zuwachs für Extremisten von Rechts und Links sowie ein äußerst unregierbares Land.“
Belgien steht vor düsteren Zeiten
Für De Morgen hat die rechtsextreme Partei Vlaams Belang die flämischen Nationalisten von der N-VA mit dem Thema UN-Migrationspakt vor sich hergetrieben und damit das ganze Land zurück in eine dunkle Zeit geschickt:
„Die Radikalisierung der N-VA kann zu einem spannenden Wahlkampf führen, aber für die Bildung einer Regierung verspricht sie wenig Gutes. ... Es sieht danach aus, dass das Königreich Belgien wieder einmal auf dem Weg in eine lange, dunkle Periode der institutionellen Instabilität mit gelähmten Regierungen ist. Das hatten wir schon einmal. ... Um die Herren Paul Simon und Art Garfunkel zu zitieren: 'Hello Darkness my old friend / I've come to talk with you again.'“
Premier schlägt N-VA ein Schnippchen
Das Rücktrittsangebot ist ein geschickter Schachzug des belgischen Premiers, findet L'Echo:
„Durch seine Entscheidung, dem König seinen Rücktritt anzubieten, entkommt Charles Michel einer gehörigen Ohrfeige der Abgeordneten in Form eines Misstrauensvotums. Den Weg zu vorgezogenen Neuwahlen beschleunigt er indes nicht. Er macht ihn komplizierter. Denn darüber kann nur das Parlament entscheiden. Damit der König um eine Parlamentsauflösung ersucht werden kann, ist eine absolute Mehrheit in der Abgeordnetenkammer nötig. Unter den demokratischen Parteien findet sich - abgesehen von der N-VA - allerdings niemand, der vorgezogene Neuwahlen anstrebt. Mit seinem Gang ins Königsschloss schlägt Charles Michel der N-VA also ein Schnippchen. Genau der N-VA, die ihn vier Jahre und zwei Monate lang verrückt gemacht hat.“