Will estnische Zeitung die Wähler beeinflussen?
Die estnische Tageszeitung Postimees hat einen Wahlkompass veröffentlicht, der den Bürgern die Entscheidung vor der Parlamentswahl am 3. März erleichtern soll. Politiker waren zuvor zu den im Kompass enthaltenen Fragen interviewt worden. Doch von einem neutralen Hilfsmittel für die Wähler kann man nicht ausgehen, wenn man liest, was in anderen estnischen Medien dazu kommentiert wird.
Manipulation mit Suggestivfragen
Eesti Päevaleht kritisiert die konservative Färbung der Fragen im Wahlkompass:
„Bei Fragen wie 'Ist die Ehe eine bessere Form des Zusammenlebens als eine ungebundene Partnerschaft?' oder 'Ist es richtig, wenn die Frau eine Karriere der Kindererziehung und Familienfürsorge vorzieht?' oder 'Ist Abtreibung eine akzeptable Methode der Familienplanung?' ist eine konservative Weltsicht schon in die Fragen eingebaut und die Antworten werden in eine bestimmte Richtung geleitet. Mehrere Politiker haben beschlossen, die Fragen nicht zu beantworten, weil sie diese für einseitig halten und auch nicht mit dem Institut für Gesellschaftskunde sprechen wollen, das für die Verbreitung der konservativen Weltanschauung steht.“
Medien werden zum ideologischen Werkzeug
Der Besitzer des Verlags Eesti Meedia, in dem Postimees erscheint, will seine nationalkonservative Weltsicht nun redaktionell durchdrücken, fürchtet der Chefredakteur von Äripäev, Meelis Mandel:
„Während man früher noch glauben konnte, dass Margus Linnamäe mit dem Kauf von Eesti Meedia nur Geld verdienen und Werbung für seine anderen Geschäftszweige machen wollte, kann man jetzt erkennen, dass unter dem Deckmantel unabhängiger Medien für eine gewisse Weltanschauung und für bestimmte Politiker geworben wird. Mit Sorge beobachte ich, was Linnamäe mit Postimees macht. ... Wenn einer der drei wichtigsten Medienkanäle des Landes zum Werkzeug eines einzelnen Mannes wird, hat das Auswirkungen auf den gesamten Medienmarkt und dadurch auch auf die Demokratie.“