Dieselskandal: Anklage gegen Ex-VW-Chef Winterkorn
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat am Montag Anklage gegen den langjährigen VW-Chef Martin Winterkorn erhoben. Sie wirft ihm unter anderem einen besonders schweren Betrug vor und glaubt nicht daran, dass die Manipulationen an Diesel-Abgastests allein das Werk von Ingenieuren waren, wie der Autokonzern behauptet. Was kann der anstehende Prozess gegen Winterkorn leisten - und was nicht?
Autokonzerne müssen ihre Unschuld beweisen
Die Neue Zürcher Zeitung erhofft sich echte Aufklärung:
„Für die Autonation ist es nicht nur aus Gründen der Psychohygiene gut, dass die Skandale juristisch aufgearbeitet werden, sondern auch deshalb, damit nicht der Eindruck entsteht, grosse Konzerne aus strategisch wichtigen Branchen würden bei eklatantem Fehlverhalten ungeschoren davonkommen. Zudem haben die Unternehmen in den Verfahren die Chance, ihre Unschuld zu beweisen. Die Reduktion der Abgasreinigung zur Schonung des Motors, beispielsweise bei niedrigen Aussentemperaturen, war schliesslich bereits lange vor dem Dieselskandal bekannt und akzeptiert. Vermutlich haben jedoch einige Hersteller diesen regulatorischen Spielraum bis aufs Äusserste ausgereizt. Inwieweit dieses Verhalten justiziabel ist, werden die anstehenden Verfahren zeigen.“
Nur ein schwacher Trost
Der Prozess ist gut und schön, doch elf Millionen Menschen werden im Regen stehen gelassen, kritisiert Der Standard:
„Selbst wenn noch weiteren Diesel-Verantwortlichen bei Volkswagen der Prozess gemacht wird und der eine oder andere hinter Gitter wandern sollte: Mehr als eine kurze Genugtuung kann all dies für geprellte Dieselautobesitzer nicht sein. Einzig sie haben den Schaden aus dem unverantwortlichen Vorgehen in ihrer Garage stehen und wurden - anders als die Kunden in den USA - nicht entschädigt, sondern mit einem billigen Software-Update abgespeist. Versagt hat hier die Politik in Berlin, in Niedersachsen - und auch in Wien. Sie fürchtet Arbeitsplatzverluste bei Autoriesen mehr als elf Millionen geschädigte Dieselfahrer. Auf Gesundheit und Umwelt wird sowieso gepfiffen.“