Rechtspopulisten-Treffen in Mailand
Knapp ein Dutzend Vertreter rechtspopulistischer Parteien aus ganz Europa sind am Wochenende in Mailand zusammengekommen. Tausende Menschen folgten dem Aufruf von Lega-Chef Salvini, es gab aber auch mehrere Gegendemonstrationen. Mit einer Europäischen Allianz der Völker und Nationen will Salvini eine neue Fraktion nationalistischer Parteien im EU-Parlament schaffen. Kann ein solches Bündnis funktionieren?
Jeder kämpft für sich allein
Die Nationalisten trennt mehr als sie vereint, glaubt der Historiker und Soziologe Marc Lazar in La Repubblica:
„Salvini fordert die Verteilung von Migranten? Orbán will nichts davon wissen. Der Lega-Chef will sich von der Drei-Prozent-Defizitgrenze befreien und sich keine Sorgen mehr um Schulden machen. Für seine deutschen, ungarischen, österreichischen und polnischen Freunde ausgeschlossen. ... Und auch bei der Wahl der Fraktion im EU-Parlament verfolgen sie unterschiedliche Strategien. ... Natürlich haben sie gemeinsame Feinde: so etwa Merkel, Macron und die EU-Kommission, die alle die nützliche Rolle des Sündenbocks spielen. Doch im Grunde versuchen Rechtspopulisten, Sozialpolitik mit übersteigertem Nationalstolz zu verbinden: Und da jeder die Vorrangstellung der nationalen Souveränität beansprucht, führt dies letztlich zu Gegensätzen.“
Kampf gegen Nationalisten braucht klare Vision
Die neue Allianz der Rechtspopulisten als rassistisch oder faschistisch abzutun, ist die falsche Strategie, warnt der Publizist und Politologe Kemal Rijken in De Volkskrant:
„Notwendig ist eine klare und pragmatische Vision für Migration und das europäische Projekt. Die meisten Europäer, die Nationalisten wählen, sind nämlich keine Rassisten oder Faschisten, sondern machen sich Sorgen über den Zustrom von Migranten, ihre Arbeitsplätze und ihre Renten. Sie profitieren nicht oder kaum vom europäischen Binnenmarkt. Darauf müssen die sozialdemokratischen, liberalen und christdemokratischen Parteien Antworten finden. Das fängt zum Beispiel mit einer klaren europäischen Migrationspolitik an, die diejenigen hereinlässt, die Asyl verdienen, bei der aber Menschenschmuggel gestoppt wird.“
Eine gefährliche Allianz
Die Allianz könnte verheerende Folgen insbesondere für Frankreich haben, warnt El Mundo:
„Salvini hat sich als Anführer der Bewegungen und Parteien etabliert, die die EU sprengen wollen, um zu einem unsolidarischen und ausschließenden Nationalismus zurückzukehren, für den Demokratie und Toleranz nicht mehr zu den politischen Werten gehören. Den Umfragen zufolge wird die Partei des Vize-Premiers am Sonntag nicht nur die stärkste Kraft in Italien. Die Allianz mit dem Front National könnte auch dazu führen, dass die französischen Wähler ihrem Präsidenten den Rücken kehren. Der durch die Gelbwesten geschwächte Emmanuel Macron, den inzwischen ein Drittel der Franzosen ablehnen, fiele hinter Marine Le Pen zurück. Damit würde ein Staatschef scheitern, der sich Europa als politische Priorität auf die Fahne schreibt.“