Frankreich: Streit um Wachkomapatient Lambert
Am Montag hat das oberste französische Berufungsgericht entschieden, dass die Behandlung des Wachkomapatienten Vincent Lambert wieder aufgenommen werden muss. Die Ärzte hatten die lebenserhaltenden Maßnahmen auf ein Gerichtsurteil hin abgebrochen, seine katholischen Eltern wollen ihn jedoch am Leben erhalten. Wie erbittert der Kampf um Leben und Tod geführt wird, gefällt Kommentatoren nicht.
Alle wollen nur recht haben
Der Streit um Vincent Lambert gleicht mittlerweile einem Glaubenskrieg, findet Gazeta Wyborcza:
„Man könnte den Eindruck bekommen, die Angelegenheit liege hauptsächlich in den leidenschaftslosen Auseinandersetzungen der Anwälte, die sich gegenseitig ihre Paragrafen zuwerfen. Der Schein trügt: Der Streit um Vincent Lambert ist mit großen Emotionen verbunden, die weit über einen sehr gespaltenen Familienkreis hinausgehen. Religion spaltet die Familie und sie spaltet auch die öffentliche Meinung. Vincent Lamberts Eltern sind sehr fromm, sie erscheinen häufig in der Gesellschaft von Mönchen, manch einer nennt sie katholische Fundamentalisten. Die Streitigkeiten sind so leidenschaftlich, dass sie eher einem Kampf gleichen als einem Austausch von Argumenten. In hohem Maße geht es jetzt darum, wer den anderen besiegen wird.“
Sterbehilfe verhindern
Der Debatte um Vincent Lambert, die seit 2010 läuft, fehlt jegliches Maß, klagt der Philosoph Damien Le Guay in Le Figaro:
„Die 'Lambert-Affäre' ist eine Katastrophe. Wegen ihres Ausmaßes, ihrer medialen Effekte und den Auswirkungen, die sie haben kann. Sie ist es auch, da viele Personen, die alle ehrenwert sind, von einem Sonderfall sprechen, den sie nicht kennen, von einem Thema, mit dem sie sich nicht auskennen, dabei aber ihre Ansicht mit äußerster Vehemenz verteidigen. ... Versuchen wir, den Fokus zu schärfen. Denn wir müssen verhindern, dass die Palliativversorgung in Frankreich weiter gebremst, das Leonetti-Gesetz [das Sterbehilfe verbietet] ausgehöhlt wird und Euthanasielösungen, wie sie beispielsweise in Belgien angewandt werden, unbeabsichtigt Tür und Tor geöffnet werden.“