Estland: Rechte sperren sich gegen Staatsanwältin
Die Regierungskoalition in Estland steht vor ihrer ersten Belastungsprobe: Die rechtsradikale Regierungspartei Ekre will eine zweite Amtszeit der Generalstaatsanwältin Lavly Perling nicht mittragen. Parteichef Mart Helme wirft ihr einen Interessenkonflikt vor, da ihr Mann für den Inlandsgeheimdienst tätig ist. Doch ist das wirklich der Grund?
Nur eine Retourkutsche
Die Angelegenheit könnte eine Retourkutsche seitens des Ekre-Chefs sein, mutmaßt ERR:
„Die Rechtsradikalen machen Lavly Perling dafür verantwortlich, dass IT-Minister Marti Kuusik nach nur 30 Stunden sein Amt niederlegen musste, weil Medien ihn der häuslichen Gewalt bezichtigten. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin eine Untersuchung ein. Am 3. Juni erklärte Mart Helme vor dem Parlament, dass die Anklage zusammengebrochen sei, da es keine Beweise und Zeugen gebe. Als eine Ohrfeige musste ihm daher die Erklärung der Staatsanwaltschaft nur eine Woche später vorgekommen sein, dass die Untersuchung fortgesetzt wird. ... Nun liegt es an Premier Ratas zu zeigen, ob er seinen Willen durchsetzen kann und die Staatsanwältin, deren Professionalität niemand angezweifelt hat, im Amt lässt oder sich der Theorie des 'tiefen Staats' der Rechtsradikalen unterwirft.“
Kein Kompromiss in Sicht
Dass Ekre die zweite Amtszeit der Oberstaatsanwältin verhindert, ist wenig hilfreich, meint Õhtuleht:
„Man fragt sich schon: Wer soll sie ersetzen? Mehr noch: Ist ein Kompromisskandidat wirklich der kompetenteste für diese Tätigkeit oder nur die bequemste Variante? Solange Ekre mit keinem eigenen Vorschlag kommt, lässt sich das nicht einschätzen. Dass ein Konsens um jeden Preis nicht zu einer vernünftigen Lösung führt, haben wir bereits bei der Senkung der Alkoholsteuer gesehen, die - wider den ursprünglichen Plan - gerade harten Alkohol besser zugänglich macht.“