Fast zehn Jahre Haft für Istanbuls CHP-Vorsitzende
Die Istanbuler Vorsitzende der oppositionellen CHP ist zu fast zehn Jahren Haft verurteilt worden. Unter anderem wegen alter Tweets wurde Canan Kaftancıoğlu der Terrorpropaganda und der Präsidentenbeleidigung schuldig gesprochen. Da sie keine Reue gezeigt und vor Gericht ein Gedicht des linken Dichters Nâzım Hikmet verlesen habe, wurde die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt.
Die Büchse der Pandora ist geöffnet
Der Prozess könnte eine neue Ära der politisch motivierten Urteile einläuten, analysiert Yetkin Report:
„Seinen politischen Gegner unter Heranziehung von dessen Beiträgen in den sozialen Medien einsperren zu lassen, öffnet die Tür zu neuen, noch viel beunruhigenderen Möglichkeiten. Hinter den politischen Kulissen Ankaras ist allgemein bekannt, dass es sowohl innerhalb der AKP, als auch in der mit der AKP verbündeten Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), Personen gibt, die Kılıçdaroğlu und Akşener [die Chefs der beiden großen Oppositionsparteien] einsperren lassen möchten.“
Manipulatoren das Handwerk legen
Der Kolumnist Melih Altınok von der regierungstreuen Tageszeitung Sabah erinnert daran, dass auch Erdoğans politischer Aufstieg begann, nachdem er wegen des Verlesens eines Gedichts inhaftiert wurde. Beide Fälle seien jedoch natürlich nicht vergleichbar:
„Würde doch bloß unsere Justiz sich derjenigen annehmen, die glauben, der einzige Weg aufzusteigen sei, wie Erdoğan ins Gefängnis zu kommen, und deshalb versuchen, die Agenda des Landes zu trollen und die öffentliche Meinung zu manipulieren. ... Ich hoffe, dass Justizminister Abdülhamit Gül das berücksichtigt, wenn er seine angekündigte Justizreform präsentiert.“