Rekordzölle: Handelskrieg zwischen USA und China?

Am heutigen Mittwoch ist ein Großteil der von Washington angekündigten Zölle in Kraft getreten. Weil China die angedrohten Gegenzölle nicht zurücknahm, erhöhten die USA den Zollsatz für chinesische Importe auf den Rekordwert von 104 Prozent. Peking erklärte, im Zweifelsfall "bis zum Ende kämpfen" zu wollen. Europas Presse fragt sich, welche Folgen ein Handelskrieg zwischen den größten Akteuren der Weltwirtschaft hätte.

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Süddeutsche Zeitung (DE) /

Warum Peking auf keinen Fall einknickt

Wenn Trump glaubt, so einen Deal erzwingen zu können, zeigt er, wie wenig er von chinesischer Geschichte und Kultur versteht, schreibt die Süddeutsche Zeitung:

„Bis heute wird die Kolonialzeit Chinas, in der westliche Mächte das Land in mehreren Opiumkriegen unterworfen und kolonialisiert hatten, kollektiv als '100 Jahre der Schande' bezeichnet. ... Seither hat sich das Land geschworen, nie wieder von anderen Nationen gedemütigt zu werden. Dieser Grundsatz prägt bis heute das politische Selbstverständnis ... . Wenn Trump China nun mit weiteren Zollankündigungen in die Knie zwingen will, fordert er nicht weniger als einen nationalen Gesichtsverlust. ... China ist eher dazu bereit, wirtschaftlichen Schaden in Kauf zu nehmen, als eine solche symbolische Niederlage einzustecken.“

Mediapart (FR) /

Gefährdung des Weltfriedens

Trumps Handelskrieg gegen China ist eine riskante Provokation, mahnt Mediapart:

„Durch die Schwächung des chinesischen Wachstums will das Weiße Haus das Regime in Peking treffen. ... Man kann sich jedoch kaum vorstellen, dass das chinesische Regime nicht versuchen wird zu reagieren. Seine politische Schwächung wird unweigerlich mit dem Versuch einhergehen, sich in eine nationalistische Flucht nach vorn zu stürzen, was auf eine Besatzung Taiwans hinauslaufen wird. Sollte Donald Trumps Politik dazu führen, dass Peking nichts mehr zu verlieren hat, wird es extrem gefährlich. Dieser totale Handelskrieg ist also keineswegs belanglos. Er leitet einen Kampf ein, der die grundlegende Schwächung des anderen zum Ziel hat. Somit reicht er über das bloße Spiel mit Zöllen und Handel hinaus. Er bezieht auch den Weltfrieden ein.“

The Spectator (GB) /

Darauf ist Xi nicht vorbereitet

The Spectator hält China im Handelskrieg für unterlegen:

„Das Land kämpft mit den anhaltenden Folgen des Zusammenbruchs des Immobiliensektors (der ein Viertel der Wirtschaft ausmacht), ist hoch verschuldet und leidet unter massiven Überkapazitäten. Nur wenige Unternehmen verdienen Geld. Xi versucht sich aus der Krise zu befreien, insbesondere mit Exporten stark subventionierter Technologien für erneuerbare Energien, aber eben diese sind besonders anfällig für Zölle. Es stimmt zwar, dass Peking sich auf Handelskonflikte vorbereitet hat, aber es ist unwahrscheinlich, dass es mit Zöllen dieser Größenordnung gerechnet hat. ... Trotz aller Prahlerei aus Peking ist die chinesische Wirtschaft sehr verwundbar und wird in dem sich nun beschleunigenden Schlagabtausch schlechter abschneiden.“

The Irish Times (IE) /

China kann sich durchaus wehren

Die zweitgrößte Volkswirtschaft ist gut gerüstet für einen Zollstreit mit den USA, glaubt The Irish Times:

„China hat seinen Exportmarkt in den letzten Jahren diversifiziert, so dass die USA zwar Chinas größter Absatzmarkt bleiben, ihr Anteil an den chinesischen Exporten aber deutlich zurückgegangen ist. Und die chinesischen Hersteller sind in einigen Sektoren so dominant, dass es für amerikanische Einzelhändler schwierig sein dürfte, rasch Alternativen zu finden. ... Viele Länder, darunter auch einige in der EU, hoffen, dass die Marktturbulenzen genügend innenpolitischen Druck erzeugen, um Trump zu einer Kursänderung zu bewegen. Peking testet inzwischen die alternative Strategie, indem es den Kampf mit Trump aufnimmt und sich auf die Konsequenzen vorbereitet.“

Spotmedia (RO) /

Trump hat schon jetzt versagt

Das amerikanische Volk wird Trump diesen Schock nicht verzeihen, prophezeit Spotmedia:

„Die Zolltarife werden so nicht bleiben. Es wird nach Experteneinschätzungen eine von drei Situationen eintreten: Trump wird verhandeln und die Zolltarife senken. Er wird kapitulieren und sie ganz zurücknehmen. Oder der Kongress wird eingreifen und die Gesetzgebung ändern. Auch eine Kombination dieser Varianten ist möglich. Wie auch immer: Donald Trumps Amtszeit ist gescheitert, er hat einen Großteil der Gesellschaft gegen sich aufgebracht. Man wird ihm niemals verzeihen, dass er die amerikanische Wirtschaft angreifbar gemacht und den Wohlstand, die Stabilität und die Perspektiven von Millionen Menschen gefährdet hat.“

De Standaard (BE) /

Europa könnte unter Dumping leiden

De Standaard schaut auch auf die Folgen für Europa:

„Amerika ist nach wie vor Chinas größtes Exportziel. Millionen von Chinesen arbeiten in Unternehmen, deren größter Kunde die USA sind – diese Unternehmen sind potenzielle Opfer des Handelskriegs. ... Die US-Wirtschaft ist weit weniger exportabhängig als China. ... Für Europa besteht das größte Risiko darin, dass China die Waren, die es in den USA nicht absetzen kann, zu Dumpingpreisen verkauft. Dadurch drohen europäische Unternehmen verdrängt zu werden.“