Putin stellt Rückzug als Präsident in den Raum
Wladimir Putin hat sich auf seiner Jahrespressekonferenz für eine Änderung der russischen Verfassung ausgesprochen: Man könne im Passus über die "maximal zwei Amtszeiten in Folge" des russischen Präsidenten die letzten beiden Wörter streichen. Dies würde bedeuten, dass Putin nicht nochmal als Kandidat antreten könnte. Kommentatoren sind unsicher, ob diese Ankündigung eine echte Veränderung bedeutet.
An der Macht bleibt er so oder so
Der St. Petersburger Oppositionspolitiker Boris Wischnewski warnt in einem von Echo Moskwy übernommenen Facebook-Beitrag vor voreiligem Optimismus nach Putins Vorschlag:
„Das heißt, er kann nach 2024 nicht mehr Präsident sein, selbst nach einer Pause. Für sich ist das eine gute Idee - aber kein Grund zu großer Freude. Erstens ist dies nur eine hypothetische Möglichkeit. Zweitens: Wer glaubt, dass Putin nach 2024 bereit ist, die Macht abzugeben? Mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen? Selbst wenn man den Begriff 'in Folge' streicht, bleiben einige bereits erörterte Varianten, die ihm nach Meinung seines Umfelds die Macht sichern können. Parlaments-Herrschaft, Stärkung des Staatsrats, Union mit Belarus. Ich schließe nichts aus außer einem: Dass Putin freiwillig die reale Macht abgibt. Das passiert nur, wenn ihn die Gesellschaft dazu zwingt.“
Jetzt kommt Bewegung in die Kreml-Kreise
Radio Kommersant FM sieht vorrangig ein Startsignal für einen Umbau der politischen Führung:
„Putin hat faktisch eine große politische Kampagne unter dem Titel 'Machtwechsel 2024' angeschoben. Aber klarer geworden ist deshalb noch nichts - außer dass der Prozess angelaufen ist. ... Wir werden also in weniger als fünf Jahren einen neuen Staatschef haben. ... Der Präsident hat eine neue politische Saison eingeläutet. Schließlich kann sich Putin nicht selbst irgendwohin setzen - er möchte gebeten werden. Dafür braucht es entsprechende Vorarbeiten. Der wesentliche Schluss ist: Die Machtvertikale kommt in Bewegung. ... Die Eliten haben Anlass, sich Sorgen zu machen, denn es stehen Veränderungen bevor. “
Keine Europäisierung - trotz schwacher Wirtschaft
Klar, dass es auf der Jahrespressekonferenz wenig Neues gab, urteilt die Wiener Zeitung:
„Was soll Putin nach all den Jahren auch noch Neues bieten? Eine ganze Generation von jungen Russen kennt heute nur ein Russland, in dem Putin als Herr im Kreml sitzt. ... Hätte [Russlands erster frei gewählter Präsident] Jelzin damals nicht Putin, sondern jemand anderen zum Kronprinzen auserkoren, dann wäre Russland heute vielleicht ein freieres, offeneres und möglicherweise auch wohlhabenderes Land. ... Denn trotz der Öl- und Gasvorkommen, der Bodenschätze, der Wald- und Ackerflächen und der schier unendlichen Landmasse ist die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung niedriger als in allen EU-Ländern (ausgenommen Bulgarien). Trotzdem hat Putin einer Europäisierung Russlands eine klare Absage erteilt.“