Kroatien wählt neues Staatsoberhaupt
In Kroatien hat der sozialdemokratische Ex-Premier Zoran Milanović die erste Runde der Präsidentschaftswahl gewonnen. Er kam auf rund 30 Prozent der Stimmen und liegt damit vor der konservativen Amtsinhaberin Kolinda Grabar-Kitarović. Eine Stichwahl muss nun entscheiden. Während die kroatische Presse mit den Kandidaten hadert, befasst man sich in Nachbarländern mit der längerfristigen Perspektive.
Verlierer-Premier als Präsident?
Jutarnji list bescheinigt den Wählern, die für Zoran Milanović gestimmt haben, ein schlechtes Erinnerungsvermögen:
„Zoran Milanović war [2011 bis 2016] der erfolgloseste Premier Europas. Sein Mandat war gezeichnet von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit und einem Niedergang der Wirtschaft. Bis heute hat er keine Fortschritte gemacht. Einige Jahre älter, immer noch unangenehm aggressiv und deutlich dicker, hat Zoran Milanović gezeigt, dass er politisches Gewicht hat. Nun kämpft er glücklicherweise um eine Position, aus der er im Falle eines Sieges keinen direkten destruktiven Einfluss auf die Exekutive haben wird. Wird sein möglicher Sieg die Partei, die er einst führte, glücklich machen? Oder wird Zoran Milanović Lektionen aus dem Präsidentenbüro erteilen, das er als Premier verachtete, und den Menschen die [sozialdemokratische] SDP vor den nächsten Wahlen madig machen?“
Denkzettel für Regierungspartei
Dass der parteilose rechtspopulistische Sänger Miroslav Škoro die amtierende Präsidentin fast aus der zweiten Wahlrunde geschmissen hat, sollte der HDZ zu denken geben, findet Večernji list:
„Ein unabhängiger Kandidat ohne parteiliche Infrastruktur, unterstützt durch unzufriedene Mitglieder und Wähler der HDZ, wurde fast der Kandidatin der mächtigen HDZ gefährlich. Sie wurde ausschließlich durch die Parteimaschinerie gerettet. ... Grabar-Kitarović hat den abtrünnigen Wählern in ihrer gestrigen Rede gesagt, sie habe die Botschaft gehört und verstanden, die diese mit ihrer Stimme für den Gegenkandidaten gesendet haben. Doch jetzt sei keine Zeit für Spaltungen, da diese Milanovićs Politik des 'Wir oder die' zurückbringen würden. Ob das reicht, um in den nächsten zwei Wochen den Sieg zu holen?“
Grabar-Kitarović muss ihre Zunge hüten
Vor dem zweiten Wahlgang wird die Amtsinhaberin sehr überlegt handeln müssen, wenn sie siegen will, glaubt Dnevnik:
„Das Ergebnis der zweiten Runde wird mehr denn je von der aktuellen Präsidentin selbst abhängen. Sie wird in ihren Aussagen, die bisher ganz Kroatien unterhalten haben, viel vorsichtiger und überlegter sein müssen, da diese nicht mehr in ähnlichem 'Unsinn' anderer Kandidaten untergehen können. Ihre Äußerungen werden viel stärker herausragen, zumal Milanović kein Politiker ist, der sich leicht zu unverdautem Populismus verleiten lässt. Er kann auch die kleinsten Fehler von Gegnern sehr schnell und gekonnt zu seinem Vorteil nutzen. Doch es wartet eine andere Falle auf ihn: Nämlich, dass er sich für den Traum vom Sieg doch rechtsgerichteten, nationalistischen Befindlichkeiten anzudienen beginnt.“
Ein anderes Kroatien zeigt sich
Sollte Zoran Milanović tatsächlich Präsident werden, wäre das angesichts des Rechtsrucks in der kroatischen Politik ein positives Signal, meint der Kolumnist des Onlineportals Azonnali, Péter Techet:
„Allein die Tatsache dieses Sieges könnte als Gegengewicht gegen die auch in Kroatien immer stärker werdende fremden- und minderheitenfeindliche Stimmung dienen. ... Der Sieg von Milanović würde zeigen, dass es ein anderes Kroatien gibt ... Das Kroatien, das sich darüber freut, dass noch Serben und Italiener [im Land] übrig geblieben sind; das nicht nur das Schlechte an Jugoslawien sieht und nicht nur den Staatsgründer, sondern auch den korrupten Politiker in Franjo Tudjman erkennt – und das seine Heimat eher Slowenien angleichen möchte als Ungarn. “