USA-Iran-Konflikt: Zerreißprobe für den Westen?
US-Präsident Trump hat offenbar vor, den Konflikt mit dem Iran weiter eskalieren zu lassen: Nachdem Teheran ankündigte, die Tötung des hochrangigen Generals Soleimani durch die USA zu vergelten, drohte Trump mit der Zerstörung iranischer Kulturstätten. Mehrere europäische Länder drängen derweil auf Deeskalation. Europas Presse sieht schwarz für die transatlantischen Beziehungen.
Europa muss sich distanzieren
Fassungslos beobachtet Spiegel Online Trumps Gebaren:
„Mit seinen Drohungen der letzten zwei Tage ist US-Präsident Donald Trump dabei, sich aus der westlichen Wertegemeinschaft zu verabschieden. Er hat Prinzipien, die den Westen bisher ausmachten, offen in Frage gestellt. Mit seiner Drohung, iranische Kulturstätten zu zerstören, hat er Amerikas Bekenntnis zur Haager Landkriegsordnung, die seit mehr als hundert Jahren zivilisatorische Grundlagen im Kriegsfall regelt, in Zweifel gezogen. Sollte er sie wahrmachen, wäre das ein Zivilisationsbruch, ein Akt der Barbarei, der an die Zerstörung der afghanischen Statuen in Bamyan durch die Taliban erinnert. ... Von einem Amerika, das sich so klar gegen westliche Prinzipien stellt, muss sich Europa deutlicher distanzieren.“
Wer auf Trump vertraut, muss verrückt sein
Historiker Rui Tavares appelliert in Público an den Verstand der europäischen Führungskräfte:
„Soweit man weiß, wurde weder die Regierung eines Nato-Staates, noch die eines EU-Staates vor einem Angriff dieser geopolitischen Größenordnung gewarnt - nicht einmal die britische. ... Im Falle einer iranischen Vergeltung gegen die USA müssten die anderen Nato-Staaten die Verpflichtungen des berühmten Artikels 5 des Nordatlantikvertrags eingehen, der besagt, dass ein Angriff auf einen Verbündeten ein Angriff auf alle Länder ist. Eine solche Verantwortung zu übernehmen setzt jedoch voraus, dass man an die Weisheit und Berechenbarkeit der alliierten Führung glaubt. Nur eine europäische Führung, die nicht richtig tickt, würde ihre Hand für Trump ins Feuer legen.“
USA zählen schon gar nicht mehr auf Europäer
Anders bewertet die Lage hingegen Journalist Petre M. Iancu vom Rumänischen Dienst der Deutschen Welle. Er hält die Forderungen der französischen, britischen und deutschen Regierenden nach einer Deeskalation für unpassend:
„Nicht die US-Amerikaner haben in den vergangenen Monaten in friedliche irakische Demonstranten geschossen, die gegen die von den Iranern kontrollierte Marionetten-Regierung in Bagdad auf die Straße gegangen sind. Nicht die USA haben Piraterie im Golf betrieben, sondern der Iran. ... Von einer 'Spirale der Gewalt' zu sprechen, suggeriert daher ethisch inakzeptable, falsche Äquivalenzen. Damit verpasst man die Chance auf moralische Klarheit und Solidarität mit den Alliierten. Tatsächlich erwarten die USA inzwischen keine großen Dinge mehr von den Europäern. Amerika ist desillusioniert von der Feigheit Westeuropas.“
Ohne Partner und Verbündete
Polityka kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Trump sich alle zu Feinden macht:
„Das Weiße Haus hat verkündet, dass es eine 'Koalition' im Nahen Osten bildet, um den Iran zu bekämpfen. Es ist nur so, dass niemand dort in den Krieg ziehen will. Und der Irak, einer der potenziellen Koalitionspartner, wird von Trump nicht als Partner behandelt. Der Präsident sagt, er wolle dem Land 'Öl wegnehmen', und trifft sich auch bei Besuchen seiner Truppen nicht mit den demokratisch gewählten Behörden des Landes. Amerika beraubt sich seiner Partner und Verbündeten.“