Verfassungsreform: Der Kreml drückt aufs Tempo
Der Kreml hat am Montag bereits einen Entwurf für die letzte Woche angekündigte Verfassungsreform beim Parlament eingereicht. In Russland wundert man sich nun, wozu Putin eine 75-köpfige Arbeitsgruppe einberufen hat, die im Laufe einiger Monate die von ihm angeregten Verfassungsänderungen ausarbeiten sollte. Russische Journalisten schwanken zwischen Verbitterung und Resignation.
Bürger zu Statisten degradiert
Die sich überschlagenden Ereignisse kommentiert sarkastisch Anton Orech von Echo Moskwy:
„Bei diesem Tempo würde ich mich nicht wundern, wenn man uns am Freitag sagt, das Referendum werde am Sonntag stattfinden. Ja, nicht einmal, wenn ich morgens aufwache und höre, das Referendum habe schon stattgefunden, während ich schlief. Während alle schliefen. Ehrlich gesagt, so ist es ja auch. Alles ist schon lange ohne uns entschieden. Man braucht uns nur als hinzugezogene Zeugen, wie bei einer Hausdurchsuchung - zufällig vorbeigekommene Leute, die nichts beeinflussen, einfach nur anwesend sind und unterschreiben, wo man ihnen sagt.“
Geht alle Staatsgewalt vom Präsidenten aus?
Schonungslos offengelegt wurden die wahren Machtverhältnisse in Russland auch für Wedomosti:
„Vielen Dank für die Offenherzigkeit. Es gab ohnehin kaum Zweifel daran, dass der Umbau von einem superpräsidentiellen in ein superputinistisches System schnell und nach den Vorgaben des Präsidenten erfolgen wird. Die Arbeitsgruppe wird sich nicht grämen - diese Leute sind es gewohnt, jedwede Initiative des Präsidenten zu unterstützen. Doch die Gesellschaft, deren Repräsentanten diese Gruppe - wenn auch nur quasi - war, muss sich fast zwangsläufig ausgeschlossen fühlen. Sie hat nichts zu melden was die Änderung der Verfassung betrifft, nach der das Land lebt und nach der doch alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Eine Änderung dieses Artikels der Verfassung ist übrigens ausgeschlossen.“