Welche Folgen hat der sinkende Ölpreis?

Die Ölpreise sind nach Donald Trumps umfassenden Zollankündigungen binnen einer Woche um rund 20 Prozent gefallen und erreichten ihr tiefstes Niveau seit Corona, als die Preise sogar ins Negative gerutscht waren. Das spüren auch Europas Verbraucher: So sanken die Benzinpreise an deutschen Tankstellen zwei Tage in Folge um je rund 10 Cent. Wem diese Entwicklung eher Sorgen macht, zeigt der Blick in Europas Presse.

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The Moscow Times (RU) /

Die Geldquelle wird zum Klotz am Bein

Wirtschaftsprofessor Igor Lipsiz sieht in The Moscow Times die finanzielle Basis des russischen Staates versiegen:

„Bei so niedrigen Ölpreisen wie jetzt – weniger als 60 Dollar pro Barrel [der Sorte Urals] bei einem auf etwa 70 Dollar basierenden Staatshaushalt – kommt es nicht nur zu einer Verringerung der Haushaltseinnahmen, sondern auch zur Umwandlung der Öl- und Gasbranche von einem nährenden in einen verlustbringenden Wirtschaftssektor – bis hin zur Gefahr seiner Stilllegung. Dies wäre das Gespenst einer Katastrophe: weder Gas in den Städten noch Benzin an den Tankstellen. Der Staat muss deshalb diese Industrien dringend subventionieren. ... Deshalb bemüht sich der Gazprom-Vorstandsvorsitzende Alexej Miller so sehr um die Erlaubnis, die inländischen Gaspreise zu erhöhen, wann und wie er will.“

NV (UA) /

"Schwarzer Schwan" für Putin

Die Auswirkungen von Trumps Zollpolitik treffen Russland besonders stark, schreibt Kolumnist Iwan Jakowyna in NV:

„Russland ist so stark von den Ölpreisen abhängig, dass dort alles schiefläuft, sobald die Ölpreise zu sinken beginnen. Im Grunde ist Donald Trump durch die Auslösung dieses globalen Handelskriegs zum 'Schwarzen Schwan' [unerwartetes Ereignis mit großen Auswirkungen] für Wladimir Putin geworden. Der amerikanische Präsident hat Russland eine defizitfreie Bilanz für 2025 absolut verunmöglicht. Der Kreml wird nun wohl dringend zusätzliche Rubel drucken oder sich das Geld zu enormen Zinsen auf den Außenmärkten leihen müssen. Um irgendwie das Militär und die Staatsbediensteten zu bezahlen.“

Alfa (LT) /

Entlastung für Europas Verbraucher

In Alfa hebt Ökonomin Indrė Genytė-Pikčienė positive Aspekte hervor:

„Das OPEC+-Kartell überraschte die Märkte bei seinem jüngsten Treffen mit der Ankündigung, das Angebot deutlich stärker auszuweiten als erwartet. In der Folge fiel der Preis für Rohöl der Sorte Brent bereits auf 63 US-Dollar pro Barrel – noch im Januar lag er zeitweise bei 82 US-Dollar, vor einem Jahr sogar bei 91 US-Dollar. Auch die Preise anderer Energieträger folgten diesem Abwärtstrend. Für Europa wirkt sich zudem der erstarkte Euro positiv aus, da Öl und seine Derivate in US-Dollar abgerechnet werden – ein starker Euro macht Importe günstiger. Energieträger sind ein zentraler Kostenfaktor in der Wertschöpfungskette, sowohl bei Gütern als auch bei Dienstleistungen. Bei anhaltend niedrigen Preisen dürften die Verbraucher mit der Zeit eine deutliche Entlastung spüren.“