Polen: Tusk ruft zum Wahl-Boykott auf
Donald Tusk, Vorsitzender der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) und ehemaliger EU-Ratspräsident, hat zum Boykott der Präsidentschaftswahl in Polen aufgerufen: Die Abstimmung sei verfassungswidrig. Die Regierung in Warschau steht seit Wochen in der Kritik, weil die Wahl trotz der Pandemie zum geplanten Termin am 10. Mai stattfinden soll - wenn auch vollständig per brieflicher Abstimmung.
Mächtiges Druckmittel
Die Journalistin Eliza Michalik findet in Gazeta Wyborcza Gefallen an Tusks Idee:
„Man muss den Boykott bewusst als mächtiges Instrument zur Organisation der bürgerlichen Opposition einsetzen. Denn ein Boykott sollte nicht auf Passivität und Schwäche beruhen und ein Akt der Kapitulation sein, vor der sich einige so fürchten - im Gegenteil: Er sollte solidarisch, mächtig, großräumig und organisiert sein, mit Führern und einer vereinten Opposition an der Spitze, damit ganz Polen und die Welt von ihm hören. Dann wäre ein Boykott effektiv und würde, davon bin ich überzeugt, einen großen Druck auf die Regierungspartei ausüben und Millionen von Menschen Hoffnung geben.“
Das wird Duda nicht stoppen
Der Filmkritiker und Publizist Jakub Majmurek bezweifelt hingegen in Krytyka Polityczna, dass ein Boykott der richtige Weg ist:
„Es ist offensichtlich, dass der grundlegende politische Sinn des Boykotts darin besteht, die Wahlbeteiligung maximal zu verringern und die Legitimität des auf diese Weise gewählten Präsidenten zu untergraben. Das mag funktionieren, aber die Frage ist: Was kommt als nächstes? Ich glaube wirklich nicht, dass Andrzej Duda sich schämen würde, auf so eine Weise gewonnen zu haben, und nachgeben wird. ... Oder dass ein so schwaches Mandat ihn plötzlich zum Hüter der Verfassung macht. Ich glaube nicht, dass Kaczyński auch nur einen halben Schritt zurückgeht, nur weil Duda das Präsidentschaftsrennen ohne einen offenen, fairen Wahlkampf gewonnen haben wird.“