Corona: Auslandsurlaub gerät zur Kontroverse
Quarantäne, Reisewarnungen, Tests - viele Staaten ergreifen derzeit Maßnahmen, um die Infektionsgefahr durch Auslandsurlauber zu verringern. Ferien in Corona-Zeiten sind auch für Kommentatoren eine heikle Sache: Soll man die Reise ins Ausland wagen und welche Schutzmaßnahmen sind die richtigen?
Daheimbleiben ist das Gebot der Stunde
Nur wenn Auslandsreisen vermieden werden, kann die Ausbreitung des Virus gestoppt werden, appelliert The Guardian an die Briten:
„Natürlich wird hier viel verlangt. Aber die Vorteile sind gewaltig. Die Binnenwirtschaft könnte sich auf normalem Niveau stabilisieren, wenn einheimische Touristen ausländische ersetzen. Kinder könnten wieder in die Schule gehen. Unsere ältere Bevölkerung könnte die Selbstisolation im eigenen Heim und in Pflegeeinrichtungen beenden. Wir würden Schwarze und unsere anderen ethnischen Minderheiten schützen und Kunst sowie Sport neu beleben. Außerdem verringert sich die Wahrscheinlichkeit einer zweiten Welle im Winter, die das nationale Gesundheitssystem lähmen und einen neuerlichen Lockdown notwendig machen würde.“
Schluss mit nationalen Alleingängen!
Die EU muss dringend etwas gegen das Entscheidungsdurcheinander tun, drängt Le Soir:
„Seit Beginn der Krise folgt die europäische Koordination einer variablen Geometrie. Auf dieser Ebene entscheiden die Staaten, und die EU-Kommission muss sich damit zufriedengeben, den 27 Mitgliedern Empfehlungen zukommen zu lassen. Und so ergreift jedes Land seine kleinen Maßnähmchen, ohne sich mit den anderen abzusprechen. Es ist, als gäbe es innerhalb der Europäischen Union keine Gesundheitsdiplomatie. Vielleicht wäre es an der Zeit, eine solche ernsthaft in Erwägung zu ziehen, um ein allgemeines Chaos zu verhindern.“
Reiseverbot für Arbeitslose diskriminierend
Dass die irische Regierung jenen Bürgern die Sozialleistungen streichen will, die in Länder mit vergleichsweise vielen Corona-Infizierten reisen, empört The Irish Independent:
„Zu Beginn dieser Krise war der soziale Zusammenhalt stark, weil die Menschen fair behandelt wurden und der Eindruck vorherrschte, dass wir alle im selben Boot sitzen. ... Jetzt riskiert die Regierung, diese gute Leistung zu untergraben, indem sie sinnloserweise genau jene Gruppe ins Visier nimmt, die sie mit viel Aufwand und Einsatz schützen wollte: Menschen, die ohne eigenes Verschulden ihre Arbeit verloren haben. ... Wenn die Regierung überzeugt ist, dass ein Reiseverbot zum Schutz der öffentlichen Gesundheit notwendig ist, dann sollte sie eines für alle einführen - für Reiche und Arme gleichermaßen. Wenn nicht, soll sie nicht länger diejenigen diskriminieren, die Sozialleistungen erhalten.“
Fliegen ist ein Vabanque-Spiel
Alle sollten sich jetzt genau überlegen, ob sie das Risiko einer Flugreise eingehen wollen, erinnert Gazete Duvar:
„In den Flugzeugen, in die wir mit ein, zwei Metern 'sozialer Distanz' gelotst werden, sitzen wir mit sechs Zentimetern Abstand, die Breite einer Armlehne voneinander entfernt. Bei fast keiner Fluggesellschaft wird der mittlere Sitz freigelassen, das ist eine Legende. ... Aber die Fluggesellschaften sind sehr gerissen. Wenn es ihnen passt, halten sie sich durchaus mit großer Freude an die Covid-Regeln. Sie servieren im Flugzeug kein Essen mehr oder, auf langen Reisen, nur noch ein Käsebrot. Und Turkish Airlines hat die Gunst der Stunde genutzt und serviert passend zur Hagia-Sophia-Entscheidung auch auf Auslandsflügen keinen Alkohol mehr.“
Was wird aus uns ohne Touristen?
Phileleftheros sorgt sich um Länder, deren Wirtschaft stark vom Tourismus abhängt:
„Auf Zypern sind riesige Hoteleinheiten stillgelegt, die Hälfte der Restaurants geschlossen, ganze Touristendörfer ohne Bewohner. Am Wochenende sind die Strände und die Restaurants, die sich entschlossen haben, zu öffnen, mit einheimischen Besuchern gefüllt. An den restlichen Tagen ist es vollkommen ruhig. … Was wird passieren, wenn die Pandemie länger andauert? Wenn sich die Gewohnheiten verändern? Wenn die Menschen keine Lust mehr auf das Reisen haben? ... Wenn ein neuer Umbruch passiert, was passiert dann mit uns, die alles auf Grundlage des Tourismus geplant haben?“