Spanien: Eine "Rabenmutter" bricht das Schweigen
In Spanien sorgt eine Dokuserie des Privatsenders Telecinco für Diskussionen, in der die bekannte und vielfach als "Rabenmutter" bezeichnete TV-Moderatorin Rocío Carrasco über psychologische Gewalt durch ihren Mann und den Verlust des Sorgerechts für ihre beiden Kinder spricht. Kommentatoren bemängeln unter anderem die einseitige Darstellung, die dem wichtigen Thema nicht gerecht werde.
Journalistisch unsauber
Dass so ein sensibles und wichtiges Thema von einem Privatsender aufgegriffen wird, der allein eine Seite der Geschichte darstellt, ist nicht unbedingt hilfreich, meint die Journalistin und Feministin Emma Riverola in El Periódico de Catalunya:
„Das 'ich glaube dir, Schwester' ist Aktivismus, Kampf, Schwesterlichkeit. Aber es ist kein Journalismus und kann es auch niemals sein. Die Fähigkeit, alles - selbst das scheinbar Offensichtliche - infrage stellen zu können, gehört zum Wesen des Berufs. Man kann keine Aussage als wahr darstellen, ohne sie durch eigene Recherche zu prüfen. ... Sollte die Justiz den Fall neu aufrollen und erneut gegen Rocío Carrasco urteilen, inwieweit hätte man dann dazu beigetragen, die Glaubwürdigkeit der vielen Frauen zu stärken, die Opfer von Misshandlung sind?“
Von Müttern wird alles erwartet, von Vätern nichts
Über den gesellschaftlichen Druck, der auf Müttern viel stärker lastet als auf Vätern, schreibt die Journalistin Luz Sánchez-Mellado in El País:
„Ab dem Moment des Gebärens bist du nicht mehr nur du selbst. Du bist Mutter und bleibst es bis zu deinem Tod. So sehen sie dich, so nennen sie dich, danach beurteilen sie dich. Eine Mutter würde dies niemals tun, würde jenes niemals tun. Dass es oft andere Mütter sind, die mit Steinen werfen, macht es noch schlimmer. Eine Mutter verzichtet nicht aufs Stillen, wenn sie es könnte. Eine Mutter geht nicht aus und überlässt die Kinder einer anderen. Eine Mutter verzichtet aus Karrieregründen nicht aufs Sorgerecht. ... Über Väter spricht keiner. Du weißt schon, das sind Männer. Die Kinder sind von der Mutter, auch wenn sie den ersten Nachnamen von jemandem tragen, der nicht da ist und von dem man nichts erwartet.“