Österreich: Minister tritt wegen Erschöpfung ab
Österreichs Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gibt seinen Posten auf. Nachfolger wird der Arzt Wolfgang Mückstein. Wegen seiner Überarbeitung habe er vor einer Woche zum zweiten Mal einen Kreislaufkollaps erlitten, begründete Anschober seinen Schritt. "Ich habe gemerkt, da muss ich jetzt für mich eine Notbremse ziehen", so der 60-Jährige. Kommentatoren sehen den Rücktritt als Alarmzeichen.
Hass im Netz macht krank
Die Verrohung der Debattenkultur hat die Arbeit prominenter Politiker ungemein erschwert, meint Der Standard:
„Rudolf Anschober hat in seinem Abgang Stärke bewiesen: Er hat - vermeintlich - Schwäche gezeigt. ... Anschober ist schlicht an die Grenzen gestoßen, und da hat wohl die Brutalität, die die Social Media in unser aller Umgang miteinander potenziert haben, eine wesentlich größere Rolle gespielt als die Unfreundlichkeiten, die ein Politiker den anderen spüren lässt. Wenn einer Polizeischutz braucht, weil er in einer Regierung mit aller Kraft die Pandemie bekämpft, zeigt das auch die Pervertierung dessen, was früher eine politische oder gesellschaftspolitische Auseinandersetzung unterschiedlicher Lager war.“
Die Hölle fordert ihren Tribut
Für die Süddeutsche Zeitung ist dieser Rücktritt doppelt bemerkenswert:
„Anschober, der bereits vor Jahren einen Burnout hatte, trägt mit seiner Ehrlichkeit dazu bei, Krankheit und Erschöpfung in der - oder besser durch die - Politik das Stigma zu nehmen. Viel zu wenig wird darüber geredet, dass die Herausforderung eines öffentlichen Amts höllisch und Respekt für persönliche Opfer selten ist. Außerdem berichtete der Minister von Morddrohungen; die Wut von Gegnern der Corona-Politik hat sich an ihm entladen. Die Krise fordert allen viel ab, auch Anschober hat Fehler gemacht. Aber Hass statt konstruktive Kritik zerstört Menschen und letztlich die Gesellschaft.“