Kurzstreckenflüge verboten: Vorbild Frankreich?
Inlandsflüge auf Strecken, die der Zug in maximal zweieinhalb Stunden zurücklegt, werden in Frankreich untersagt. Eine entsprechende Vorlage, die auf den Bürgerkonvent zurückgeht, hat die Nationalversammlung nun bestätigt. Der Schritt stößt in Europas Presse auf Zuspruch, doch es gibt auch kritische Nachfragen.
Niemand muss von London nach Manchester fliegen
Frankreichs Vorgehen ist absolut richtig, lobt Umweltaktivist Leo Murray in The Guardian:
„Bis auf wenige Ausnahmen in besonders abgelegenen Regionen sind Inlandsflüge in kleinen Ländern wohl meist absolut unnötig. Vor der Pandemie reisten jedes Jahr mehr als eine halbe Million Menschen mit dem Flugzeug von London und Manchester oder umgekehrt - eine Reise, die mit dem Zug etwa zwei Stunden dauert. Da ein besonders großer Teil der Schadstoffbelastung bei einem Flug während der Start- und Landephasen auftritt, sind die Emissionen pro Kilometer für jeden Passagier auf einer Inlandsstrecke um 70 Prozent höher als bei Langstreckenflügen - und sechsmal höher, als wenn die Strecke mit der Bahn zurückgelegt wird.“
Vier Stunden wären locker drin
Es wäre noch mehr möglich gewesen, erklärt La Stampa:
„Flüge zwischen Paris und einigen der wichtigsten Städte des Landes werden verboten, insbesondere die von Paris nach Lyon, Bordeaux und Nantes, aber wahrscheinlich auch Flüge auf der Strecke Lyon - Marseille oder zwischen der Hauptstadt und Rennes. Doch nicht allen ist dies genug. Die Umweltschützer hätten die Schwelle gerne auf vier Stunden festgelegt. Damit wären sogar Flüge zwischen Paris und Marseille von dem Verbot betroffen gewesen, da der TGV nur etwas mehr als drei Stunden für die Strecke von der Hauptstadt in die zweitgrößte Stadt des Landes benötigt. Auch der Bürgerkonvent für das Klima hatte vier Stunden gefordert.“
Bitte umsteigen
Angesichts auch in Deutschland wachsender Kritik an Inlandsflügen wollen Lufthansa und Deutsche Bahn ihre Zusammenarbeit verbessern. Die Anreise zu Fernflügen soll mit dem Zug erfolgen. Für Zeit Online ist das eine gute Nachricht:
„[E]ine Bahnreise produziert im Schnitt 85 Prozent weniger CO2 pro Person als ein Flug auf derselben Strecke. Um die Klimaziele zu erreichen, führt am Umstieg kein Weg vorbei. ... So weit [wie in Frankreich] wird es in Deutschland nicht kommen müssen. Die Fluggesellschaften, allen voran Lufthansa, versprechen, ihre Verbindungen auch dann nicht wieder im früheren Umfang aufzunehmen, wenn es die Passagierzahlen eigentlich zulassen würden ... , aus Gründen des Klimaschutzes und weil das Geld auf der Langstrecke verdient wird. ... Und jetzt tut sich tatsächlich was.“
Bei den Brennstoffen ansetzen
Der Gesetzgeber sollte darauf pochen, dass die technischen Entwicklungen beim Flugzeugbau ausgeschöpft werden, drängt William Todts, Geschäftsführer der NGO Transport & Environment, in Les Echos:
„Es wäre ein guter Anfang, Null-Emission-Brennstoffe bis 2030 verpflichtend auf Kurzstreckenflügen einzuführen - die selbstverständlich nur dann gestattet sind, wenn keine Alternativen per Zug existieren. Anschließend müsste dieses Ziel ausgeweitet werden, um Airbus zu erlauben, seine Verpflichtung einzuhalten, bis 2035 Wasserstoffflugzeuge für Mittelstrecken anzubieten. … Niemand wird das Verbot von Kurzstreckenflügen als Wandel betrachten. Ein Verbot von Flugzeugen, die mit fossilen Brennstoffen fliegen, wäre ein echter Fortschritt.“