Anschlag in der Türkei: Zielscheibe HDP
Das türkische Verfassungsgericht berät ab heute über ein Verbot der linken, prokurdischen Partei HDP. Erschüttert wurde die Partei kurz zuvor außerdem von einem Anschlag auf eins ihrer Büros in Izmir. Ein Ultranationalist hatte dabei am Donnerstag die Mitarbeiterin Deniz Poyraz erschossen. Eine Vorstandssitzung mit 40 Personen am selben Ort war kurz zuvor abgesagt worden.
Empörende Apathie
Der Rest der türkischen Opposition bleibt tatenlos, klagt das regierungskritische Internetportal Gazete Duvar:
„Erneut scheint es, dass die CHP und die IYIP nicht geneigt sind, diesen abscheulichen Mord als politisches Druckmittel zu nutzen. Stattdessen sind sie, ähnlich wie beim wesentlich 'weicheren' Vorfall des verfassungswidrigen, unter dem Vorwand der Pandemie verhängten Alkoholverbots im Ramadan in einer anderen Stimmung: 'Wir haben doch gerade so schön Politiker gespielt, wo kommt das denn jetzt her?' ... Dieser apathischen Haltung der Opposition, die sich selbst 'demokratisch' nennt, liegt wohl die Sorge zugrunde, man werde Volk auf die Straße treiben, den Notstand ausrufen und die Wahl verschieben. ... Von dieser Opposition kommt kein Ton, sie verläuft im Sande.“
Angriff auf den gesellschaftlichen Frieden
Das Timing dieses Mordes ist kein Zufall, behauptet die regierungsnahe Sabah:
„Wir wissen sehr wohl, dass hinter solchen provokativen Aktionen immer organisierte Kräfte stecken, die darauf abzielen, an gesellschaftlichen Befindlichkeiten zu kratzen und zu provozieren. Es ist kein Geheimnis, dass manche Kreise zum Ziel haben, mit ethnischen Spaltungen gesellschaftliche Ereignisse hervorzurufen. ... Angesichts des Erfolges, den der Staat in den letzten fünf Jahren erzielt hat, erreichen Terroristen und Terrorgruppen mit solchen Angriffen ihr Ziel, für Chaos zu sorgen, nicht mehr. ... Terrorliebhabern, die die Menschen gegeneinander aufbringen wollen, zu geben, was sie wollen, wäre nichts anderes, als dem Terrorismus zu dienen.“