Immer noch keine Sexualkunde an Rumäniens Schulen
Rumänien streitet seit Jahren über die Einführung eines freiwilligen Sexualkundeunterrichts an Schulen. 2020 hatte das Parlament ein Gesetzesvorhaben in letzter Minute so verändert, dass die Teilnahme nur mit Zustimmung der Eltern möglich wäre. Präsident Iohannis schickte das Gesetz daraufhin ans Parlament zurück. Der Senat verweigerte am Dienstag eine Anpassung, das entscheidende Votum der Abgeordnetenkammer steht nun noch aus.
Realitätsfremd und prüde
Die liberale Senatorin Alina Gorghiu war am Dienstag die einzige Parlamentarierin, die dafür gestimmt hat, das Gesetz noch einmal abzuändern. Gerade in Rumänien wäre mehr sexuelle Aufklärung enorm wichtig, schreibt sie in Adevărul:
„In diesem Land sind bei zehn Prozent aller Geburten die Mütter minderjährig. Jede zehnte Frau, die abtreibt, ist eine Minderjährige. Wir sind Europas Spitzenreiter in der Kategorie Teenie-Mütter. ... Was im Parlament geschehen ist, ist der unglückliche, aber leider erfolgreiche Versuch, 'traditionelle Gefühle' mit einem angeblich modernen und progressiven Parlamentarismus in Einklang zu bringen – zum Wohle des Volkes. Dieses konservative und prüde Angebot, das Kindern in Wirklichkeit den Zugang zu lebenswichtigen Informationen zum Thema Gesundheit einschränkt, hätte abgelehnt werden müssen.“
Eltern-Dilemma: Sex ist Sünde und notwendige Pflicht
Dass man den Eltern womöglich unbequeme Diskussionen ersparen will, vermutet Contributors:
„Die Kinder könnten nach Hause kommen und versuchen, mit ihren Eltern über etwas anderes zu reden als über die Matheaufgaben. … Und die Eltern sind im Denken aufgewachsen, dass Sex einerseits eine Sünde ist, andererseits auch der Weg, um eine schöne, traditionelle Familie zu gründen. Im Sexualkunde-Unterricht sollten die Kinder lernen, dass es mit dem Alter zu ganz normalen Veränderungen kommt. Sie sollten die Dinge verstehen und keine Angst haben, denn Angst und Unwissenheit führt uns zu manch irreparablen Fehlern.“