Hat die britische Polizei das Vertrauen verspielt?
Der wegen Entführung, Vergewaltigung und Mord an der 33-jährigen Sarah Everard angeklagte ehemalige Polizist Wayne Couzens ist vom Gericht zu lebenslanger Haft ohne Aussicht auf Bewährung verurteilt worden. Die Aufklärung der Tat und deren strukturellen Hintergründe ist damit längst nicht zu Ende, mahnen die Medien.
Die Polizei muss jetzt viele Fragen beantworten
Die Verurteilung des Mörders ist nicht genug, glaubt The Times:
„Eine gründliche Überprüfung der vielen beunruhigenden Fragen, die der Fall aufwirft, ist notwendig. Wieso wurde Wayne Couzens drei Jahre nach dem Vorwurf von Exhibitionismus von der Metropolitan Police eingestellt? Warum war er drei Tage nach dem Vorwurf von zwei weiteren exhibitionistischen Handlungen immer noch im Besitz seiner Handschellen und seines Ausweises, mit denen er Everard täuschte? Wie konnte ein Mann, den Kollegen wegen seiner Vorliebe für gewalttätige Pornos 'den Vergewaltiger' nannten, seine Karriere bei der Polizei fortsetzen? ... Mindestens 15 Frauen sind in den letzten zwölf Jahren durch britische Polizisten getötet worden, die meisten im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt.“
Institutionelle Frauenfeindlichkeit bekämpfen
Der Fall stellt das Vertrauen in die Institution Polizei und deren Umgang mit Frauen abermals in Frage, meint The Guardian:
„Der Fakt, dass Couzens eine Verhaftung mit Haftbefehl und Handschellen vortäuschte, haben die Argumente für eine dringliche und tiefgehende institutionelle Aufklärung verstärkt. Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass die Metropolitan Police versteht, in welcher tiefgreifenden Krise sich das in sie gesetzte Vertrauen befindet. ... Trotz unbestrittener Fortschritte bei der Bekämpfung von sexueller und häuslicher Gewalt ist es an der Zeit, sich mit der institutionellen Frauenfeindlichkeit auseinanderzusetzen.“