Führt Macrons Frankreich Europa zu neuer Stärke?
Französischer Atomschutzschirm für Europa, “Koalition der Willigen” mit Frankreich und Großbritannien an der Spitze, etliche Gipfel zur globalen Lage in Paris: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron scheint mit forschen Debattenvorstößen und Einladungsdiplomatie die Rolle der treibenden Führungskraft in Europa anzustreben. Kommentatoren fragen sich, was das für den Kontinent bedeutet.
Ein Global Player
Der Frankreich-Korrespondent des Tages-Anzeigers, Oliver Meiler, hat mehrere Erklärungen für die neue Führungsrolle Frankreichs in Europa:
„Macron ist zurück, er misst sich mit den ganz Grossen dieser Welt. ... Aber wie solide ist seine Leadership? Macron bezieht seine momentane Autorität aus drei Quellen: Erstens hat er als französischer Präsident im Verfassungsregime der Fünften Republik eine Machtfülle, wie sie nicht einmal der Amerikaner hat. Zweitens ist Macron ein brillanter Kopf. Er kann reden, redet viel und findet oft eindringliche Worte für das Drama der Welt. Seit acht Jahren rät er den Europäern, eine autonome Wehrhaftigkeit aufzubauen, und er hatte recht. Drittens hat Frankreich die Atombombe, eine unabhängige Nukleardoktrin, Waffen aus eigener Produktion. Es ist damit ein globaler Spieler.“
Sprung in eine andere Epoche wagen
Macron, Starmer, Merz und Meloni sollten nun ihren großen Vorgängern gerecht werden, fordert Index:
„Wir sind jetzt an einer Epochengrenze angekommen, wo die Situation nach dem Rückzug der USA neu geregelt werden muss, in einer für alle Sinne sich spürbar verändernden Welt. ... Dazu braucht es Politiker mit Fantasie, Intuition und Weitsicht, deren Ideen und Interviews nicht nur gut klingen (siehe Macron), sondern deren Entscheidungen relevant sind. Neue Verbindungen in einer zerfallenden Welt zu finden, die ein wiedervereinigtes Europa zu einer politischen Kraft machen. ... Sind Meloni, Starmer, Merz und Macron zu so einem großen Epochensprung fähig? Und werden sie gemeinsam springen, wie es Thatcher, Kohl und Mitterrand vor 30 Jahren getan haben?“