Kein Medizin-Nobelpreis für mRNA-Entwickler
Der diesjährige Nobelpreis für Medizin geht an die US-Forscher David Julius und Ardem Patapoutian. Sie spielten eine führende Rolle dabei, herauszufinden, wie genau äußere Reize von den Nerven in der Haut in elektrische Impulse umgewandelt werden. Damit legten sie den Grundstein für die Entwicklung besserer Medikamente, etwa gegen chronische Schmerzen. Europas Presse sieht die Wahl eher skeptisch.
Mutlos aus der Zeit gefallen
Die taz versteht nicht, warum die Entwickler des mRNA-Impfstoffes leer ausgegangen sind:
„[D]ie mRNA-Impfung ... ist nicht nur für den Kampf gegen Corona eine echte wissenschaftliche Revolution, sie wird es noch für viele andere Infektionskrankheiten sein, gegen die man bisher mit den herkömmlichen Impfkonzepten nicht oder nur schlecht ankommt. ... Klar, für das Komitee wäre die Suche nach den maximal drei Preisträgern schwierig geworden. Wie immer in der modernen Forschung waren viele Köpfe an dem Erfolg beteiligt, nicht nur mRNA-Forscher übrigens. Aber so mutlos aus der Zeit zu fallen mit dem diesjährigen Preis, zeigt erneut, dass der Nobelpreis ein Relikt der Vergangenheit ist. Schade, denn Aufmerksamkeit erregt er immer noch. Der Impfquote hätte sie vielleicht geholfen.“
Eine verpasste Chance - oder kommt da noch was?
Die logische Wahl wäre eine andere gewesen, meint auch die Aargauer Zeitung:
„Die Erfindung der mRNA-Impfung hat in der Bekämpfung der Pandemie - der grössten globalen Krise seit dem zweiten Weltkrieg - die Wende gebracht. Das Nobelpreiskomitee hat sich gegen die naheliegende Wahl entschieden. Es hat damit am Montag die Chance verpasst, zu zeigen, dass die Wissenschaft etwas ist, das uns alle angeht - und einen konkreten Nutzen für unser Leben hat. … Oder doch nicht? Es ist nicht ganz auszuschliessen, dass die mRNA-Forscher und Forscherinnen am Mittwoch statt des Preises für Medizin jenen für Chemie erhalten. Das Komitee ist immer für eine Überraschung gut.“
Wichtige Erkenntnisse für Schmerztherapien
Tygodnik Powszechny setzt große Hoffnungen in die Entdeckungen der Preisträger:
„Das Nervensystem verbindet uns über die Sinnesorgane mit der Außenwelt. Bei der Vielzahl der Formen, die seine Organe und Rezeptoren annehmen, kann einem schwindelig werden. ... Das größte Sinnesorgan ist jedoch zweifelsohne die Haut. ... Das Nobel-Komitee zeichnete die Wissenschaftler für ihre Entdeckungen auf dem Gebiet der Humanphysiologie aus, obwohl sie auch medizinische Bedeutung haben. ... Ein besseres Verständnis der Mechanismen, die für Schmerzen und Empfindungen verantwortlich sind, ermöglicht bessere Therapien, auch bei der Behandlung chronischer Schmerzen.“