Polen: Ultrarechter Marsch unter Ägide der PiS
Seit Jahren treffen sich zum polnischen Unabhängigkeitstag am 11. November Zehntausende Rechtsextreme für den "Marsch der Unabhängigkeit", und jedes Mal ist das ultrarechte Großereignis in Warschau für Kommentatoren Anlass zur Sorge. Letztes Jahr war die Regierungspartei PiS nicht beteiligt, dieses Jahr setzte sie durch, dass der Marsch stattfinden kann - ein Schulterschluss, der abermals die Gemüter erregt.
Die Angst der Rechten vor den Rechtsextremen
Was für eine Farce, meint Der Tagesspiegel:
„Wer darf am Nationalfeiertag wo und wie sein Verständnis von Patriotismus demonstrieren? Darüber hatten Antifaschisten und Nationalisten, Liberale und Konservative seit Wochen erbittert vor Gericht gestritten. Am Ende marschierten die Rechtsextremen. Die ... nationalpopulistische Regierungspartei PiS ... hat nach langem Zögern eine Art Schirmherrschaft für den Marsch der Unabhängigkeit übernommen. Zugleich wollte sie jedoch vermeiden, dass ihre Wähler daran teilnehmen. Sie weigerte sich standhaft, ihnen die Teilnahme an einer Kundgebung zu empfehlen, der sie zugleich einen offiziellen staatlichen Charakter zugestand. Das ... ist auch eine Posse, freilich eine bitterböse. Sie spiegelt die Angst der Rechten vor den Rechtsextremen.“
Nationalisten vereint gegen Deutschland
Da bahnt sich eine Zusammenarbeit zwischen der PiS und den Nationalisten an, glaubt Gazeta Wyborcza:
„Derzeit muss Kaczyński zurückhaltender sein, weil er sich um die EU-Gelder sorgt. Aus taktischen Gründen greift er die Deutschen nicht offen an. Aber er hat einen Weg gefunden, dies indirekt zu tun: indem er die Aktivitäten von Nationalisten wie Robert Bąkiewicz genehmigt. Das Anti-Deutschland-Bündnis der PiS mit den Faschisten wurde am Donnerstag zur Tatsache. Kaczyński hat Bąkiewicz nicht nur Geld überwiesen, nicht nur die von ihm organisierte Parade staatlich gefördert, bei der statt die Unabhängigkeit zu feiern politische Gegner angegriffen werden - sie sind bereits offiziell Waffenbrüder im Kampf gegen die deutschen Invasoren geworden.“
Von Franzosen und Amerikanern lernen
Das Online-Portal Onet wünscht sich für Polen einen unbeschwerteren Patriotismus:
„Großartig. Der große nationale Unabhängigkeitstag wurde in diesem Jahr ohne Schlägereien begangen. ... Alle atmeten erleichtert auf. Es wurden keine Fensterscheiben eingeschlagen, niemand wurde verletzt. Aber die große Mehrheit der Polen nahm nicht an den Feierlichkeiten teil. Wir können die Freiheit noch immer nicht so unbeschwert genießen, wie die Amerikaner oder die Franzosen. Es gab keine Bürgerfeste oder Konzerte. Offizielle hielten rituelle Reden, legten Kränze nieder, die ihnen kurz zuvor ein Assistent überreicht hatte, und die Bürger waren mit dem ersten Tag des langen Wochenendes beschäftigt.“