Djoković: Abflug statt Kür
Nach langem Hin und Her hat ein Bundesgericht in Australien den Visumsentzug für Tennisstar Novak Djoković als rechtens beurteilt. Der Serbe wurde vom australischen Einwanderungsministerium als Gefahr eingestuft und musste das Land am Wochenende verlassen. Die europäische Presse zeigt kein besonderes Mitleid mit dem ungeimpften Weltranglistenersten.
Selbst schuld
Kein Mitleid mit Djoković zeigt die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
„Nichts stimmte bei seinem Versuch, seinen zehnten Titel in Australien zu gewinnen. Als Beobachter der Affäre ist man entsetzt, wie schlecht ein Sport-Multimillionär beraten sein kann: eine Familie, die mit ihren geifernden Kommentaren jeden gegen sich aufbringt, statt um Sympathie zu werben. Ein Sportler, der ... sich nicht darum schert, ob er andere ansteckt. Und dann die Chuzpe besitzt, einem Volk, um dessen Gastfreundschaft er bat, in dessen dunkler Stunde zuzurufen, dass halt Fehler passierten, wenn Krisenstimmung herrsche. Djoković wird noch lange und auf vielen Plätzen dieser Erde unter seinem Auftritt in Melbourne leiden.“
Der Preis der Eitelkeit
Die Entscheidung für Djokovićs Ausweisung hält The Times für gerechtfertigt:
„Eine Ausnahme von den Covid-Bestimmungen mit Begründung seiner Berühmtheit zu rechtfertigen, wäre eine Absage an die Verantwortung gegenüber den Bürgern gewesen. Wenngleich brillant auf dem Tennisplatz, ist Djoković in anderen Bereichen weniger bewundernswert. Unter Impfgegnern ist er eine Ikone, und kürzlich traf er sich mit dem bosnischen Serbenführer Milorad Dodik, der den Genozid an den bosnischen Muslimen in Srebrenica von 1995 schamlos leugnet. Djokovićs sportliche Ambitionen wurden allerdings nicht aufgrund seiner Meinung begrenzt, sondern weil er sich weigerte, sich an die nachvollziehbaren Regeln seines Gastgebers zu halten. Er ist nichts weiter als ein Opfer seiner Eitelkeit.“
Letztlich gibt sich der Tennisstar einsichtig
Deník schenkt der zerknirschten Reaktion von Djoković auf die australische Entscheidung Glauben:
„Nach den harten antiaustralischen und antiwestlichen Demonstrationen von Djokovićs Landsleuten sowohl in Serbien als auch in Australien scheint es nun, als hätte der Tennisspieler letztlich seinen Fehler erkannt. Anders als seine serbischen Landsleute äußerte er sich bereits versöhnlich. Er entschuldigte sich dafür, die Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben, die dem Tennis hätte geschenkt werden sollen. 'Ich wünsche allen Spielern, Organisatoren, Freiwilligen und Fans alles Gute für das Turnier.' Damit zeigte er, dass auch ein Impfgegner Anstand und Demut finden kann.“
So kann man sich eben nicht überall benehmen
Anders als auf dem Balkan hält man sich in Australien an Recht und Ordnung, meint Jutarnji list:
„Seine Anhänger können ihn verteidigen soviel sie wollen: Er ignorierte Impfungen, ging umher, als ob es keine Ansteckung gäbe, die bald sechs Millionen Opfer fordert, und hat sich schlussendlich, obwohl er wusste, dass er infiziert war, mit Kindern und Journalisten getroffen. Das ist das typische Benehmen eines sozialen Idioten, dem Menschen egal sind, doch der sich selbst als Gottheit wahrnimmt. So konnte er sich auf dem balkanisch-mediterranen Gebiet benehmen, wo Gesetze und gutes Benehmen täglich gebrochen werden und man dafür selten oder nie haftet. ... Zu seinem Unglück gibt es auch bessere Staaten, wie etwa Australien.“
Mit ihm lässt sich Stimmung machen
Serbiens Präsident Vučić schlägt aus der Pandemie schon länger politisches Kleingeld, meint Profil:
„Vor den Parlamentswahlen im Juni 2020 sprach er wie aus dem Nichts vom Sieg über das Virus und öffnete die Tore der Fußballstadien. Nachdem er wenige Wochen später mit absoluter Mehrheit wiedergewählt worden war, kündigte er erneut strenge Ausgangssperren an. Im April finden Präsidentschaftswahlen statt - und mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist ungeimpft. Vučić versucht erst gar nicht, sie mit guten Argumenten zu überzeugen. Nach seinem Telefonat mit Djoković schrieb er auf Instagram: 'Ich habe unserem Novak gesagt, dass ganz Serbien hinter ihm steht.' Woher will der Präsident das wissen?“