Wahlkampf in Frankreich: Pécresse enttäuscht
Bei ihrer ersten großen Wahlkampfveranstaltung am Sonntag in Paris hat die Präsidentschaftswahlkandidatin von Les Républicains, Valérie Pécresse, klassische Themen von Rechtsaußen aufgegriffen: Die Konservative warnte vor Unterwanderung durch Islamisten, Sicherheitsproblemen und einem Verrat an der französischen Kultur. Dafür erntet sie in der Landespresse Kritik.
Fataler Rechtsruck
Anstatt eine Balance zwischen gemäßigtem und radikalerem Flügel ihrer Partei zu suchen, lässt sich Valérie Pécresse ins äußerst rechte Lager drängen, kritisiert Le Monde im Leitartikel:
„Damit begeht sie einen doppelten Fehler: einen persönlichen und taktischen, denn unter dem Vorwand, ihre Konkurrenten in Schach zu halten, platziert sie Les Républicains in einem Dreier-Wettkampf [gegen Marine Le Pen und Éric Zemmour], der die Partei zur radikalsten Rechten hinzieht. Ihre Entscheidung ist umso erstaunlicher, als die Chirac-Anhängerin 2019 aus der Partei ausgetreten war, um auf Distanz zum 'harten' von Laurent Wauquiez verkörperten Kurs zu gehen. Zwei Jahre später ist sie zurück und dazu gezwungen, mit diesem Flügel auszukommen, der hinter Éric Ciotti erstarkt.“
Sprachliches Gift
Dass Pécresse in ihrer Wahlkampfrede zwei Begriffe aus dem rechtsextremen Vokabular aufgegriffen hat, ist für Slate Anlass zu großer Sorge:
„Valérie Pécresses Verwendung der Ausdrücke 'große Ablösung' und 'Ausweis-Franzosen' [für Einwanderer und deren Nachkommen] sagt viel über das schleichende Gift, das die französische Nation zu ersticken droht. Diese Formulierungen in eine Rede landesweiter Tragweite einfließen zu lassen, verleiht ihnen auf Anhieb eine Ehrenhaftigkeit, eine Autorität, einen Status, der ihnen bislang fehlte. Erst durch die unermüdliche Wiederholung, dass Juden eine tödliche Gefahr für die deutsche Nation darstellten, erhielt diese hirnrissige Hypothese den Anschein einer Offensichtlichkeit. Vielleicht wäre es gut, sich daran zu erinnern.“