Spanien: Eiswürfel als Klopapier der neuen Krise?
In Madrid kommen Großhändler mit der Lieferung von Eiswürfeln nicht hinterher. Die Gastronomie hat teilweise Probleme, den Bedarf zu decken. Berichte über die Knappheit führen ihrerseits zu Hamsterkäufen der Bürger. Kommentatoren fühlen sich an die leeren Klopapier-Regale der Pandemie erinnert und wittern hinter der eher ironisch geführten Sommerdebatte durchaus echte Ängste der Bevölkerung.
Festklammern an Symbolen der Sicherheit
El País wertet die Hamsterkäufe als Zeichen für den Ernst der Lage:
„Angesichts von Umständen, die sie überfordern, glauben die Bürger, dass sie den Alltag wieder in den Griff bekommen, indem sie sich das Nötigste besorgen, was dann auch das Begehrteste wird. Dieses neue Kapitel der Hamsterkäufe zeigt, in welch unsicherem Umfeld sich Europa bewegt. ... Das düstere Bild wird durch die Macht der sozialen Medien noch verstärkt. Bilder von leeren Kühlschränken, aber auch Fake News und Übertreibungen verstärken die Angst, dass das gewünschte Produkt ausgeht. Wegen der sozialen Medien tritt das Phänomens des Hortens auch immer häufiger auf. Diesmal ist es die Panik, dass man ohne eisgekühltes Wasser dastehen könnte.“
Abgesang auf den Luxus der kleinen Leute
ABC beklagt, dass den Spaniern jetzt auch noch die kleinen Freuden des Alltags geraubt werden:
„Eis, das in der Arktis zerbricht. ... Eis, das in diesem der Sahelzone gleichenden Spanien fehlt. ... Kein Eis mehr zu haben, schlecht zu schlafen, die warme Brühe aus der Leitung zu trinken, sind Anzeichen dafür, dass wir unaufhaltsam auf den Untergang zusteuern. ... Der Tod des Eiswürfel-Vergnügens führt zum Aufschrei des einfachen Volkes, das einer der wenigen Freuden beraubt wird, die ihm noch bleiben. ... Eis zu holen, die Gefriertruhe an der Tankstelle zu öffnen, gehörte für arme Kinder zum Mindestluxus. Nichts als Erinnerungen in diesem Spanien, das überall in Flammen aufgeht.“