Was bedeutet der Arrest von Türk-Popstar Gülşen?
Die türkische Pop-Diva Gülşen wurde wegen eines Witzes am Freitag inhaftiert und am Montag unter Hausarrest gestellt. Sie hatte im April während eines Konzertes über einen Bandkollegen gescherzt, seine Perversität rühre daher, dass er Absolvent einer religiösen İmam-Hatip-Schule sei.
Vertrauen in Recht und Justiz weiter erschüttert
Ihre Worte sind respektlos, aber keine Straftat, erklärt Hürriyet:
„Selbst wenn Gülşens Worte humorvoll gemeint sein sollten, so kritisiert eine breite Öffentlichkeit, dass sie die Adressaten beleidigt und gedemütigt haben. ... Zugleich hat sich eine überwältigende Mehrheit der Gesellschaft darauf verständigt, dass die Verhaftung von Gülşen eine rechtlich überzogene und unfaire Maßnahme darstellt. Es ist bemerkenswert, dass auch aus konservativen Kreisen, die die Haltung der Künstlerin missbilligen, kritische Stimmen gegen ihre Verhaftung immer lauter werden. ... So hat Gülşens Verhaftung dafür gesorgt, das Problem des mangelnden Vertrauens in Recht und Justizsystem nur noch zu vertiefen.“
Türkei ist zum Freiluftgefängnis geworden
Gülşens Hausarrest ist symptomatisch für die Zustände im Land, meint Cumhuriyet:
„Nicht bloß Gülşen, wir alle stehen unter Hausarrest! ... Es gibt nicht einmal mehr die Freiheit, sich zu kleiden, wie man will, für niemanden. Religions- und Gewissensfreiheit sollten kommen, nicht wahr? Es ist genau das Gegenteil passiert. ... Es gibt nicht mehr die Freiheit, sich gesund zu ernähren. ... Denn aufgrund falscher Wirtschaftspolitik ist dein Geld wertlos geworden. ... Die Türkei schließt sich ein, lebt in der Atmosphäre eines halboffenen Gefängnisses mit ihren mittelmäßigen Köpfen, die nicht entkommen konnten, den Künstlern, die sie zu Hause eingesperrt und den Schriftstellern, Illustratoren, Architekten, Anwälten und Jugendlichen, die sie ins Gefängnis gesteckt hat.“