Was bringen die Parlamentswahlen in Bulgarien?
Bulgarien wählt am Sonntag ein neues Parlament, zum vierten Mal in zwei Jahren. Im Juni war die pro-europäische Koalition unter Regierungschef Kiril Petkow auseinandergebrochen. Umfragen zufolge wird Bojko Borissows Partei Gerb stärkste Kraft, die prorussische, ultranationalistische Partei Wasraschdane könnte ihr Ergebnis mit 12 Prozent mehr als verdoppeln. Stabile Mehrheiten sind laut Kommentatoren nicht zu erwarten.
Neue Koalition auf Zeit
Dass die aus den Wahlen hervorgehende Regierungskoalition diesmal wenigstens ein Jahr hält, glaubt Dnevnik:
„Niemand will Neuwahlen im Frühjahr - auch nicht die Politiker, egal, was sie alle sagen. Selbst diejenigen, die am Sonntag verlieren werden, haben kein Interesse daran. Das schafft gute Voraussetzungen dafür, jetzt eine Regierung zu bilden, die mindestens bis zum nächsten Sommer durchhält. Außerdem finden im Herbst 2023 Kommunalwahlen statt, ein perfekter Vorwand, um jetzt erstmal eine Art Regierung zu bilden und die nächsten Wahlen gemeinsam mit den Kommunalwahlen durchzuführen.“
Stimmengewinn mit Hilfe russischer Propaganda
Der bulgarische Dienst der Deutschen Welle erklärt den zu erwartenden Höhenflug der prorussischen, ultranationalistischen Partei Wasraschdane (Wiedergeburt):
„Wasraschdane bekommt die Stimmen der Menschen, die an die russische Propaganda in Bulgarien glauben, die Putin als Opfer des Westens darstellt, der die russischen Forderungen nicht respektiert. Es bleibt unklar, warum wir die Forderungen eines Diktators respektieren müssen, abgesehen davon, dass er Atomwaffen hat und verrückt genug ist, sie einzusetzen. Hier wirkt die Angst. Sie bringt den Wähler dazu, sich dem Zorn des Aggressors zu entziehen: Statt sich dem Zorn entgegenzustellen, besänftigt man ihn lieber, indem man für Vazrazhdane stimmt.“