Portugal: Wird die Sterbehilfe nun legalisiert?
Die Entkriminalisierung der aktiven Sterbehilfe hat im portugiesischen Parlament seit Jahren eine breite Mehrheit. Doch zwei durch die Abgeordneten angenommenen Gesetzesentwürfe scheiterten letztlich am Staatspräsidenten und am Verfassungsgericht. Nun entscheidet das Parlament über einen weiteren Entwurf. Die Erfolgsaussichten bewertet die Landespresse unterschiedlich.
Von der breiten Mehrheit gewollt
Es wäre ein Skandal, wenn auch der neue Gesetzesentwurf an Widerständen außerhalb des Parlaments scheitern sollte, mahnt Isabel Moreira, sozialistische Abgeordnete und Mitinitiatorin, in Expresso:
„Zweimal hat das Parlament mit deutlich mehr als der absoluten Mehrheit der Abgeordneten der Entkriminalisierung der Sterbehilfe zugestimmt. Einem Gesetz, das zusammengefasst Folgendes anerkennt: In streng definierten Fällen rechtfertigt die Unumkehrbarkeit des körperlichen Verfalls und das dadurch verursachte grausame Leiden die Annahme des Willens, den Tod derjenigen vorwegzunehmen, die dieses schwer zu beschreibende Ende des Lebens erleben. Wir können die enorme Legitimität eines Gesetzes nicht ignorieren, von dem die Bevölkerung sagt, sie wolle es genehmigt sehen.“
Unsauber gearbeitet
Den Initiatoren ist es nicht gelungen, den Text rechtlich einwandfrei zu formulieren, kritisiert Jornal de Notícias:
„Zwei große parlamentarische Mehrheiten reichten nicht aus, um den Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung der ärztlich assistierten Sterbehilfe in Kraft zu setzen. Das Verfassungsgericht und der Präsident der Republik lehnten ihn ab, und das Gesetzgebungsverfahren ging von vorne los, weil der endgültige Text verbessert und so verdichtet werden musste, dass er rechtlich und verfassungsrechtlich unangreifbar wird. Aber das ist nicht geschehen. ... Sobald die Zustimmung des Parlaments vorliegt, wird der Präsident den Text wahrscheinlich ans Verfassungsgericht zurückschicken.“
Eine Volksabstimmung wäre der korrekte Weg
Der ehemalige Parlamentsabgeordnete der liberal-konservativen Volkspartei PSD, Pedro Rodrigues, plädiert in Público für ein Referendum:
„Bei Themen dieser Art werden die Abstimmungen der Parlamentarier durch ihre persönlichen Werte beeinflusst. Das führt zur Frage, warum das Gewissen und die ethischen Normen der Parlamentsmitglieder Vorrang vor denen der einzelnen Bürger haben sollten. Es geht nicht darum, dem Parlament die Legitimität abzusprechen, in dieser Sache über Gesetze zu bestimmen. Es geht vielmehr darum, unmissverständlich festzustellen, dass das individuelle Gewissen der Abgeordneten und ihre ethischen Maßstäbe keinen Vorrang vor denen aller portugiesischen Bürger haben können.“