Italiens meistgesuchter Mafiaboss festgenommen
Die italienische Polizei hat den meistgesuchten Mafioso des Landes festgenommen. Matteo Messina Denaro gilt als Chef der sizilianischen Cosa Nostra und soll unter anderem für die Morde an den Richtern Giovanni Falcone und Paolo Borsellino verantwortlich sein. Gefasst wurde er in einer Privatklinik in Palermo. Die Presse bleibt skeptisch, inwieweit die Festnahme die Strukturen der Mafia erschüttert.
Die große Grauzone bleibt
Dass sich der Mafia-Boss in Sizilien anscheinend ziemlich frei bewegen konnte, findet La Repubblica bedenklich:
„Die gute Nachricht geht nicht über die der Festnahme hinaus. ... Denaros in Trapani zugelassenes Auto, mit dem er zwischen seinem 'Distrikt' und dem Krankenhaus, in dem er gegen die Metastasen eines Darmtumors kämpfte, hin und her pendelte, die Zeugenaussagen, die jetzt und eben erst jetzt berichten, dass er oft in den Städten des Belice-Tals gesichtet wurde, zeigen uns, wie viel die Cosa Nostra und ihre Bosse dem verdanken, was [der sizilianische Schriftsteller] Leonardo Sciascia vor einem halben Jahrhundert in seinem Buch Der Zusammenhang erzählt hat. An eine Bourgeoisie, die sich der Mafia nicht entzog. An eine Grauzone der Duldung wirtschaftlicher, finanzieller und politischer Interessen.“
Nur ein Geständnis würde wirklich helfen
Ferruccio de Bortoli, Kolumnist bei Corriere del Ticino, greift die Frage auf, ob die Verhaftung von Messina Denaro den endgültigen Niedergang der kriminellen Organisation markiert:
„Wahrscheinlich ist Messina Denaro inzwischen ein untergeordneter Mafiaboss und die Schalthebel der Macht sind in andere, jüngere, technologischere und internationalere Hände übergegangen. ... Der Versuch, das Phänomen Mafia zu verstehen, eine schwierige Aufgabe: Sie ist nie das, was sie zu sein scheint. Als würde man endlos in einer Artischocke blättern, die mit Blut getränkt und Dornen gespickt ist. Etwas anderes wäre es natürlich, wenn Messina Denaro sprechen würde.“
Die Behörden wollen gar nicht alles wissen
Wirklich auspacken würden Kriminelle wohl nur gegenüber einem Staat, der auch die ganze Wahrheit hören will, erinnert Mafia-Experte Roberto Saviano in Corriere della Sera:
„Wenn die Bosse in den letzten zehn Jahren gesprochen haben, scheinen sie nicht alles gesagt zu haben, was sie wussten. ... Ihnen war klar, dass der Staat wenig braucht. Die Politiker wollen den Skalp im Medienzirkus zur Schau stellen, jeder kleine Anlass reicht aus, um die vermeintliche Niederlage der Mafia auszurufen. ... Selbst wenn Messina Denaro Reue zeigen sollte, wird er nicht alles sagen, was er weiß. Auspacken tut man gegenüber einem Staat, der kriminelle Organisationen wirklich bekämpft. Und das ist nicht unser Fall.“