Russland erleichtert Einberufung zum Wehrdienst
Die russische Staatsduma hat einstimmig und im Eiltempo Gesetzesänderungen beschlossen, um leichter und mehr Soldaten einziehen zu können: Einberufungsbescheide können in Zukunft auch elektronisch zugestellt werden und Männer, die einberufen werden könnten, sollen in zentralen Datenregistern erfasst werden. Welche Auswirkungen wird das für das Land haben?
So nimmt man dem Land seine Zukunft
Der Petersburger oppositionelle Lokalpolitiker Boris Wischnewski sieht in einem Facebook-Post einen Exodus bevorstehen:
„Nun wird es nicht mehr notwendig sein, die Vorladung ins Einberufungsamt persönlich zu erhalten - dem Staat reicht es, sie abgeschickt zu haben. ... Erneut wird auf Verfassungsrechten herumgetrampelt, nur um die Armee mit neuen Rekruten zu füllen. Die Folgen liegen auf der Hand: eine neue Auswanderungswelle junger, talentierter und tatkräftiger Menschen. Die Autoren dieses Gesetzes wissen nur zu gut, was sie anrichten: Sie rauben dem Land bewusst seine Zukunft.“
Goldene Zeiten für die Militärbürokratie
Sascha Belik, Vorstand einer Wehrdienstverweigerer-Organisation, sieht in Nowaja Gaseta Ewropa der Korruption in den Wehrbehörden Tür und Tor geöffnet:
„Dieses Gesetz wird die Beamten des Militärs reich machen. Schließlich werden jetzt alle Wehrpflichtigen mit Bestechungsgeldern zu ihnen kommen, weil sie nicht wollen, dass ihnen Reisen ins Ausland untersagt und andere Rechte eingeschränkt werden. ... Die Einberufunsämter sind nicht digitalisiert. Alle Mitarbeiter dort sind es gewohnt, Schmiergeld anzunehmen. Das System ist durch und durch verrottet. ... Für die Erstellung des Einberufungsregisters des Verteidigungsministeriums werden riesige Budgetmittel bereitgestellt. Diese werden wie üblich veruntreut werden. Deshalb glaube ich nicht, dass in absehbarer Zeit ein Register erstellt wird.“
Russlands Menschenpool nicht unendlich
Mehr und sofortige Unterstützung für die Ukraine fordert Svenska Dagbladet:
„Die Russen haben bedeutende Teile ihrer modernen Waffen verloren. Sie können nicht kurzfristig ersetzt werden. Der russische 'Menschenpool' ist nicht unendlich wie in der Sowjetunion. Zudem steigt die Zurückhaltung, in den Krieg einzutreten. Die Russen haben Mühe, Ersatz für all die 100.000 bis 150.000 zu finden, die bereits umgekommen sind. ... Der Faktor Zeit ist wichtig. Die Ukraine braucht sofort mehr. Der Westen sollte Selenskyj fragen, was er braucht, um den Krieg 2023 zu beenden, und es ihm jetzt geben. Andernfalls zieht sich der Krieg mit um ein Vielfaches höheren wirtschaftlichen Kosten, Leiden und Töten hin und mit größerer Ungewissheit über den Ausgang.“