25 Jahre Haft für Kreml-Kritiker Kara-Mursa
Der russische Historiker und Oppositionspolitiker Wladimir Kara-Mursa ist wegen Hochverrats und weiterer Vergehen zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Kara-Mursa, einst Mitarbeiter des 2015 erschossenen Boris Nemzow und mutmaßlich Opfer zweier Giftanschläge, hatte Ende Februar 2022 ein Anti-Kriegs-Komitee mitgegründet. Daraufhin wurde er festgenommen und als ausländischer Agent eingestuft.
Botschafter der Opposition
La Stampa ordnet ein:
„Der Fall Kara-Mursa markiert einen neuen Meilenstein der Repression in Russland. Er ist der erste politische Gefangene, der wegen 'Verrats am Staat' verurteilt wird. Das einzige Verbrechen des Journalisten und Historikers besteht darin, in der Öffentlichkeit gesprochen zu haben: in Universitäten und Parlamenten, vor Politikern und Abgeordneten, im Fernsehen und auf YouTube. Der Cambridge-Absolvent Kara-Mursa war zum Botschafter der russischen Opposition bei internationalen Institutionen, insbesondere in den USA, geworden: Er ist kein Volkstribun, kein charismatisches Gesicht des Protests wie Alexej Nawalny, aber er war eine große Hilfe bei der Ausarbeitung der Sanktionen gegen das russische Regime.“
Härter als in der Sowjetunion
Die Gerichtsreporterin Soja Swetowa kritisiert in einem von Echo übernommenen Facebook-Post, dass zur Urteilsverkündung außer Kara-Mursas Mutter niemand in den Saal gelassen wurde:
„Das alles ist auch Teil der Rache an Wolodja Kara-Mursa. Damit er keine Freunde und vertrauten Gesichter im Gerichtssaal sieht, damit er diese Welle der Unterstützung nicht spürt, die Durchhaltewillen gibt. ... Kara-Mursa, ein Historiker, der sich mit der Geschichte der Dissidentenbewegung beschäftigt und darüber geschrieben hat, findet sich in einer Situation wieder, über die er viel gelesen und gehört hat. Doch die Realität erwies sich als schlimmer. ... Sowjet-Dissidenten wurden nicht zu so langen Strafen verurteilt.“
Das Verbrechen begeht das Gericht
Das Urteil gegen Kara-Mursa verstößt gegen russisches Recht, erklärt Journalist Kirill Rogow auf Facebook:
„Was heute passiert ist, ist ein konkretes Verbrechen, begangen von konkreten Personen, die genau wissen, dass sie eine Straftat nach Paragraf 303.3 des Strafgesetzbuches (Fälschung von Beweisen in Strafsachen bei schweren und besonders schweren Verbrechen) und Paragraf 305.2 (wissentlich ungerechte Urteilsfindung in einer Strafsache, die eine rechtswidrige Freiheitsstrafe zur Folge hat) begangen haben. Und es gibt keine Ausreden, dass die Zeiten und die Gesetze halt so waren und wir unter Druck standen. Nein, es handelt sich um eine Straftat durch Personen, die volle Verantwortung für ihr Handeln tragen.“