Neuwahlen in Serbien: Ein offenes Rennen?
Präsident Aleksandar Vučić hat das serbische Parlament aufgelöst, am 17. Dezember wird neu gewählt. Bei andauernden Protesten wird Regierung und Staatsmedien vorgeworfen, ein Klima von Hass und Gewalt zu schüren. Auch in der Kosovo-Frage steht Vučić unter Druck. Nun treten zehn Oppositionsparteien gemeinsam gegen seine SNS an, die ihrerseits mit der rechtsextremen SRS des Kriegsverbrechers Vojislav Šešelj koaliert, die Vučić einst selbst führte.
Problematischer Verbündeter
Der in die Defensive geratene Vučić ist bereit, mit einem Kriegsverbrecher zu paktieren, analysiert Pešćanik:
„Aus panischer Angst vor einer Niederlage kehrt der Diktator auffällig offen zu seinen Wurzeln zurück, die er nie ganz ausgerupft hat. Er kehrt zurück zur politischen Mutter, die ihn jahrelang an ihrem großzügigen Busen genährt hat: Vojislav Šešelj. Er sucht also ein Bündnis mit jemandem, der von seiner kriminellen Biografie gezeichnet ist. Wenn jemand weiß, was das Schlimmste ist, das man im Falle eines Sturzes tun kann, dann ist es Šešelj. ... Vučić hätte keine schlechteren Verbündeten und Berater finden können, aber er konnte ihnen nicht ausweichen.“
Alle gegen einen
Die serbische Opposition tritt vereint an, betont Gazeta Wyborcza:
„Die vorgezogenen Wahlen wurden vor allem von der Opposition angestrebt, die seit den Schießereien in Belgrad und dem Dorf Dubona im Mai wöchentliche Demonstrationen unter dem Motto 'Serbien gegen die Gewalt' organisiert. Unter diesem Motto werden acht Oppositionsparteien zu den Wahlen antreten, die beschlossen haben, eine gemeinsame Liste gegen Vučić aufzustellen. Diese Liste wird eine Vielzahl von Parteien umfassen, von den Konservativen über die Liberalen bis hin zu den Linken und den Grünen, die alle durch ihre Abneigung gegen den derzeitigen Präsidenten geeint sind.“
Vučićs Macht ist nicht in Gefahr
Ukrajinska Prawda betont einen entscheidenden Vorteil des Regierungslagers:
„Vorgezogene Wahlen sind gar nicht die Hauptforderung der Protestierenden. ... Ihnen ist klar, dass der Sieg von Vučić so gut wie sicher ist, wenn die Regierung die volle Kontrolle über die Fernsehsender behält. Deshalb forderte die Opposition, dass zunächst die Leitungen der Fernsehsender ausgetauscht werden und erst dann Neuwahlen angekündigt werden. Vučić hat sich jedoch für das Gegenteil entschieden und damit die Opposition taktisch überlistet. Zwar wird Vučićs Partei ihre Präsenz im Parlament sehr wahrscheinlich nicht erhöhen. Sie wird wohl auch keine Mehrheit mehr bekommen. Dennoch ist Vučićs Macht kaum bedroht, da er immer auf eine Fortsetzung seines Bündnisses mit den Sozialisten zählen kann.“