Landesweiter Streiktag in Tschechien
Die Gewerkschaften in Tschechien haben für den heutigen Montag einen großen Protesttag angekündigt. Kern soll ein einstündiger Warnstreik gegen das Sparpaket der Regierung und geplante Reformen im Bildungssystem werden. Die meisten Schulen sollen geschlossen bleiben. Der von den Gewerkschaften als größter Streik seit 1989 bezeichnete Arbeitskampf findet bei Kommentatoren in unterschiedlichem Ausmaß Verständnis.
Die Lage ist alles andere als rosig
Mladá fronta dnes erklärt Hintergründe:
„Nach zwei Jahren im Amt steht die Regierung vor ihrer bisher größten Bewährungsprobe: einem Streik von Lehrern, Menschen in der Produktion, im Transport- und anschließend im Gesundheitswesen. ... Der Rückgang der Reallöhne in Tschechien war der größte aller entwickelten OECD-Länder und hat uns sechs Jahre zurückgeworfen. Wir verdienen wie im Jahr 2017, allerdings sind die Preise für Waren und Dienstleistungen aufgrund der rasanten Inflation um ein Vielfaches gestiegen. Und es kommen staatliche Maßnahmen ins Spiel, deren Sinnhaftigkeit manchmal selbst diejenigen, die sie durchsetzen, nicht überzeugt.“
Zuhören und Einigung anstreben
Deník erinnert daran, dass das Streikrecht zu den Grundlagen der modernen westlichen Gesellschaft gehört:
„Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, eine Einigung mit den Streikenden zu erzielen. Auch Hollywood-Produzenten knirschten mit den Zähnen, als Drehbuchautoren und Schauspieler höhere Einnahmen und eine Regulierung der künstlichen Intelligenz forderten. ... Tschechische Gewerkschafter sind bei Weitem nicht so hart wie anderswo. Die Regierung sollte ihnen zuhören und sie nicht verbal maßregeln. Andernfalls könnten sie anfangen zu skandieren: 'Wir sind keine kleinen Kinder!'“
Wirtschaft erholt sich doch bereits
Český rozhlas kritisiert den Zeitpunkt der Gewerkschaftsaktion:
„Der Protest richtet sich vor allem gegen hohe Preise, Inflation, Energiepreise, Rentenänderungen und das Regierungspaket, das eine Verschlechterung des Lebensstandards mit sich bringt. Die Situation vieler Menschen ist nicht gut. Allerdings sinkt die Inflation bereits, die Wirtschaft erholt sich, die Reallöhne werden im nächsten Jahr wieder steigen und die Energiepreise für Haushalte werden nicht mehr so stark ansteigen wie im letzten Jahr. Die dramatische Situation hat schon begonnen sich weitgehend zu entspannen, bevor die Gewerkschaften mit ihrem Protest angefangen haben.“