Spanien: Darf ein Minister Zentralbankchef werden?

Premier Pedro Sánchez hat seinen bisherigen Minister für digitale Transformation und öffentlichen Dienst, José Luis Escrivá, zum künftigen Chef der spanischen Zentralbank auserkoren. Die Position ist mit einem Sitz im EZB-Rat und einer wichtigen Rolle in der Aufsicht des nationalen Bankensektors verbunden. Die Opposition ist empört und sieht einen Interessenskonflikt. Die Landespresse ist geteilter Meinung.

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El País (ES) /

Mindestens schlechter Stil

Mit einem neuen Politikstil, den Sánchez predigt, hat dieser Schritt wenig zu tun, kritisiert El País:

„Zentralbanker werden, egal welches Profil sie haben und wie sie ernannt wurden, Politik machen. Es ist schwer zu rechtfertigen, dass jemand ohne eine angemessene Übergangszeit vom Ministerrat in eine Regulierungsbehörde wechselt. ... Das wird zu Widersprüchen zwischen dem Minister-Escrivá und dem Bankenchef-Escrivá führen. ... Sánchez setzt ein Mitglied seines Kabinetts als Bankenchef ein, ohne sich mit der Opposition abzustimmen – eine Ernennungspolitik, die nicht mit dem Wunsch nach Erneuerung vereinbar ist.“

ABC (ES) /

Sánchez geht es ums Prinzip

Das ist vor allem eine Machtdemonstration, wettert ABC:

„Es geht nicht um die Eignung, es geht um die Absicht. Es ist nicht die Person, es ist die Methode. José Luis Escrivá verfügt über genügend Erfahrung und Wissen, um sicherzustellen, dass seine Ernennung zum Chef der spanischen Zentralbank technisch gesehen kein Unsinn ist. ... Aber darum geht es Pedro Sánchez nicht, denn die Botschaft, die er vermitteln will, hat nichts mit Kompetenz und Verdienst zu tun. Er will einfach deutlich machen, dass auch die Finanzaufsichtsbehörde von der Regierung kontrolliert wird. ... Der Premier wollte aber vor allem klarstellen, dass er ernennt, wen er will.“

eldiario.es (ES) /

Lasst ihn vernünftig seinen Job machen

Wofür sich der neue Zentralbankchef stark machen soll, erklärt eldiario.es:

„Es gibt keinen Interessenkonflikt, wenn man vom Minister zum Chef des Banco de España aufsteigt, wegen des Autonomiegesetzes der Zentralbank, das auch für deren Leiter gilt. Außerdem ist Escrivá ideologisch gesehen ein Liberaler und Neoklassiker, wie er im Buche steht. ... Wir erwarten von ihm, dass er sich um den Dschungel im Finanzsektor kümmert, dass er den Verbraucherschutz stärkt und dass er im Gegensatz zu seinen Vorgängern unabhängig ist, was die Kontrolle und die Sanktionen für Geldinstitute angeht, die viele Kunden betrügen.“