Großbritannien will Sterbehilfe legalisieren
Das britische Unterhaus debattiert einen Gesetzesentwurf, der Sterbehilfe erleichtern soll. Er sieht vor, dass der Sterbewunsch eines Kranken mit einer Lebenserwartung von wenigen Monaten von zwei Ärzten und einem Gericht gebilligt werden muss. Für die Abstimmung wurde der Fraktionszwang aufgehoben, doch unterstützt die Labour-Regierung von Keir Starmer das Vorhaben. 2015 war ein ähnliches Projekt vom Parlament abgelehnt worden.
Nichts für schwache Menschen
Eine Legalisierung von Sterbehilfe würde Schutzbedürftige unter Druck setzen, warnt The Spectator:
„Sterbehilfe wird unsere Beziehungen zueinander verändern, wenn das vorzeitige Ableben zu einer Option wird, die es vorher nicht gab. Altruistisches Sterben, verdienstvoller Suizid zum Wohle der Enkelkinder (um Schulgebühren zu finanzieren), Sterben aus Schuldgefühlen, aus Angst, eine Last zu sein, Sterben aus schlichter Erschöpfung und Depression – all dies war einst undenkbar. ... Auch die Beziehung zwischen Ärzten und Patienten würde sich für immer verändern, so wie es in den Niederlanden seit der Einführung der Sterbehilfe der Fall ist. Dieser Gesetzentwurf ist für Menschen mit starkem Willen gedacht, nicht für die armen Seelen in Pflegeheimen oder mit Verwandten, die keine Hilfe sind.“
Eine zeitgemäße Modernisierung
Das reformierte Gesetz zur Sterbehilfe bietet mehr Schutz, findet hingegen The Times:
„Wir haben schon jetzt ein Gesetz zum assistierten Sterben, nur ist es nicht sehr gut. Man kann bereits die Hilfe eines Verwandten oder Freundes in Anspruch nehmen, um beim Sterben unterstützt zu werden. ... Das Risiko, dass jemand einen Verwandten zum Sterben drängt, besteht also bereits, auch wenn ein solches Verhalten, sollte es entdeckt werden, rechtliche Sanktionen nach sich ziehen würde. Was nun vorgeschlagen wird, ist also kein umfassendes neues Gesetz. Es handelt sich um eine angemessene Reform der bestehenden Praxis. ... Ärzte und Gerichte werden nun vor dem tatsächlichen Tod als Schutzschild gegen böswillige Angehörige installiert. ... So ist es sicherer.“
Die Erlösung nicht zur Qual machen
Der qualvolle Tod seines Vaters hat Journalist Alan Rusbridger zum Befürworter von Sterbehilfe gemacht, schreibt er in The Independent:
„Er war 96, ein stattliches Alter. Und als das Ende nahte, sagte er höflich zu den behandelnden Ärzten und Krankenschwestern, dass sie Besseres zu tun hätten, als sein Leben zu verlängern. Er wollte sterben. Aber sie ließen ihn nicht. ... Unsere kostbare gemeinsame Zeit wurde durch seine zunehmenden Schmerzen und den gefühlten Verrat getrübt: Als er immer verwirrter wurde, gab er mir und meinem Bruder die Schuld daran, dass wir die Ärzte nicht überzeugen konnten, seinen Wünschen nachzukommen. Anstelle von Ruhe herrschten Verbitterung, Fassungslosigkeit – und Qual. 'So würden sie mit keinem Tier umgehen', stöhnte er viele Male. Und er hatte recht.“