Frankreich: Prozess gegen Le Pen
Der Galionsfigur der französischen Rechten drohen fünf Jahre Haft und ein Politikverbot. Die Staatsanwaltschaft wirft Marine Le Pen und weiteren Parteikadern des damaligen Front National Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament zwischen 2004 und 2016 vor – und damit Veruntreuung von EU-Geldern. Eine Zerreißprobe für die polarisierte Stimmung im Land.
Unfreiwillige Wahlkampfhilfe à la Trump
In Le Figaro warnt Jean-Éric Schoettl, ehemaliger Generalsekretär des französischen Verfassungsgerichts, davor, Le Pen von öffentlichen Ämtern auszuschließen:
„Die Kluft zwischen dem 'Establishment' und den elf Millionen Menschen, die sich ausgegrenzt und herabgestuft fühlen und die Wählerschaft des RN bilden, würde sich vergrößern. Die Folgen waren in den USA bei der Wiederwahl Trumps zu beobachten: Viele einfachere Amerikaner sahen in den Verfahren gegen Trump das harte Vorgehen der Eliten gegen ihren Kandidaten und waren umso eher bereit dazu für ihn zu stimmen. Auch in Frankreich kann das Gefühl, dass das 'System' eine Galionsfigur des Volksprotests von der öffentlichen Bühne verdrängen will, die Wahl 'gegen das System' nur verstärken.“
Die Indizienlast wiegt schwer
Le Pen braucht gar nicht die verfolgte Unschuld zu spielen, kommentiert die Süddeutsche Zeitung:
„Es geht hier um Regeln und Gesetze und Justiz. Wenn Le Pen beklagt, sie werde politisch verfolgt, ist das nur verschwörerisches Gejammer. Denn was soll etwa Olaf, das europäische Amt für Betrugsbekämpfung, politisch gegen Marine Le Pen haben? Und was ist mit den vier Untersuchungsrichtern, die im Fall ermittelt haben und dann alle dasselbe Gesamtbild zeichneten? ... [D]ie Indizienlast wiegt schwer. Natürlich wäre es besser, wenn Le Pen in Wahlen geschlagen würde, an der Urne, immer und immer wieder. Aber wenn sie sich selbst davon ausschließt – was soll man da machen?“