Schweden erlaubt anonyme Zeugen
Seit Jahresbeginn sind in Schweden vor Gericht anonyme Zeugenaussagen erlaubt. Die Neuregelung, mit der die von den rechten Schwedendemokraten unterstützte bürgerliche Regierung die Bandenkriminalität eindämmen will, war im Vorfeld von gewichtigen Institutionen wie dem Gesetzgebungsrat teils hart kritisiert worden. Auch in der Presse gehen die Meinungen auseinander.
Nutzlose Beschneidung der Rechtssicherheit
Aftonbladet widerspricht dem Argument, andere Länder hätten entsprechende Regelungen seit geraumer Zeit:
„Auf Anfrage konnte Dänemark gerade mal einen Fall aus dem Jahr 2018 nennen, bei dem das Gesetz zur Anwendung kam. In Finnland gab es ebenfalls einen Fall. … Norwegen konnte kein einziges konkretes Beispiel nennen. … Die Staatsanwaltschaft weiß, dass es sinnlos ist, mit einem anonymen Zeugen anzurücken. … Die Gerichte verabscheuen derartige Beweisführung und befördern sie in den Papierkorb. In Schweden wird es genauso kommen. … Die Gesetzesänderung ist nichts anderes als eine weitere Opiumdosis für eine schlafende Bevölkerung, die allem Anschein nach nichts dagegen hat, dass eine Regierung nach der anderen methodisch, Stück für Stück, die Rechtssicherheit beschneidet.“
Nötiger Schritt gegen massive Gewalt
Expressen kann die Einwände schwer nachvollziehen:
„Das Merkwürdigste an der Kritik ist, dass die Reform kaum einmal in einen größeren Zusammenhang gestellt wird. Die Schießereien und Sprengstoffanschläge in Schweden sind von einem Ausmaß, das in Westeuropa nicht seinesgleichen kennt. Gleichzeitig wird die Kultur des Schweigens im Lande immer stärker. Es kommt vor, dass Zeugen, die trotz allem aussagen, bedroht oder in einzelnen Fällen sogar ermordet werden. Anonyme Zeugenaussagen sind kein Wundermittel gegen die Macht der Gangs. Aber in Kombination mit Maßnahmen wie der Zulassung von Kronzeugen oder Kameraüberwachung können sie dem Rechtswesen helfen, die kriminellen Netzwerke zu bekämpfen.“