IS-Milizen bedrohen Palmyra

Die IS-Terrormiliz hat am Mittwoch die syrische Stadt Tadmur mit den antiken Ruinen von Palmyra unter Kontrolle gebracht. Die Welt muss dem Untergang des Weltkulturerbes hilflos zusehen, klagen Kommentatoren. Andere kritisieren, dass der Westen mit einem Haufen Steine mehr Solidarität zeigt als mit hunderttausenden Kriegsopfern.

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Mladá fronta dnes (CZ) /

Hilflos sehen wir Palmyra untergehen

Die antike syrische Oasenstadt Palmyra wird untergehen, ohne dass der Westen etwas dagegen tun kann, klagt die liberale Mladá fronta Dnes: "Die Videos im Internet werden uns das Herz zerreißen. Wir werden sehen, wie IS-Milizen Kolonnaden, Säulen und Steinbögen liquidieren - alles, was sie in ihrer Primitivität als Zeichen eines Götzendiensts ansehen. Doch der Westen ist nicht bereit, mit Bodentruppen einzugreifen. Die Amerikaner - aber auch die Tschechen - wollen nicht sehen, wie ihre Soldaten im Nahen Osten sterben. Es bleiben nur Angriffe aus der Luft. Die Amerikaner wären zu präzisen Angriffen in der Lage. Doch damit würden sie dem Militärdiktator Assad helfen, der Palmyra bislang kontrollierte. Mit anderen Worten, die Düsenjäger würden zur Luftwaffe für den Mann, der Chemiewaffen einsetzte und an dessen Brutalität Syrien zerbrach. Deshalb wird Palmyra nicht gerettet werden, sondern schon bald nur noch auf Fotos existieren."

NRC next (NL) /

Groteske Solidarität mit Säulen in der Wüste

Die weltweite Aufregung über die Eroberung von Palmyra durch IS ist grotesk, kritisiert Schriftsteller Ilja Leonard Pfeijffer in der liberalen Tageszeitung nrc.next: "Wenn die Heimatlosen und Flüchtlinge uns um Hilfe fragen, schließen wir unsere Augen, unsere Ohren und unsere Grenzen. Aber wenn ein Haufen fotogener Steine belagert wird, schreien wir Zeter und Mordio. Ich weiß auch, woher das kommt: Palmyra gehört uns. ... Die Römer haben die Stadt gebaut, daher geht es um unsere historischen Wurzeln. Sie ist Teil unserer Kultur, und wir wollen zeigen, dass uns das wichtig ist. ... Mit dem Haufen Steine fühlen wir uns persönlich verbunden. Die toten und heimatlosen Syrer und Iraker dagegen sind uns total fremd, lassen uns gleichgültig oder machen uns Angst. Offensichtlich ist es einfacher, mit Säulen in der Wüste solidarisch zu sein, als mit hunderttausenden Kriegsopfern."

El Mundo (ES) /

IS kann nur vereint besiegt werden

Die Terrorgruppe IS gefährdet die Sicherheit der Welt und muss mit vereinten Kräften bekämpft werden, drängt die konservative Tageszeitung El Mundo: "Ein terroristischer Staat konsolidiert sich und zerstört die seit fast einem Jahrhundert stabilen Grenzen einer Region. Er finanziert sich durch Plünderungen überfallener Städte und den Verkauf geraubten Erdöls auf dem Schwarzmarkt. Er exerziert eine schonungslose ethnische und religiöse Vernichtungspolitik und verbreitet den islamistischen Terrorismus in der ganzen Welt. Dies sollte als Grund ausreichen, mit vereinten Kräften gegen diesen Staat zu kämpfen. Der IS ist allein durch seine Existenz nicht nur eine Gefahr für die Region, sondern bedroht die internationale Sicherheit."

Berliner Zeitung (DE) /

Zerfall von Irak und Syrien unaufhaltbar

Nichts und niemand scheint den IS aufhalten zu können, beobachtet die linksliberale Berliner Zeitung und blickt düster in die Zukunft der Region: "Ramadi wurde von den Terroristen schier überrannt, obwohl die USA dies mit etlichen Luftschlägen zu verhindern suchten. ... Nicht besser ist die Lage in Syrien, wo sich die Regierungsstreitkräfte vor dem IS aus Palmyra zurückziehen mussten. Während das Militär lediglich die Interessen Baschar Al-Assads verteidigt und die Opposition sich im besten Fall auf temporär begrenzte Bündnisse gegen den IS einigen kann, bauen die Terroristen ihre Machtbasis kontinuierlich aus. Im Irak schien das eine Weile anders zu sein, da sowohl die Kurden als auch sunnitische Stämme in Abstimmung mit den Amerikanern entschieden gegen den IS kämpften. Nach der Niederlage von Ramadi könnten die Stammesführer geneigt sein, sich dem sunnitischen IS anzuschließen und gegen die schiitische Machtelite in Bagdad zu stellen. Alle Hoffnung auf einen Sieg gegen den IS darf man dann getrost begraben. Der Zerfall von Irak und Syrien scheint unaufhaltbar."