VW versucht Neuanfang
In der Abgasaffäre hat die Konzernspitze des deutschen Autobauers Volkswagen am Donnerstag den Stand der internen Untersuchungen erläutert und eine neue Unternehmenskultur angekündigt. Einige Kommentatoren bezeichnen den Auftritt als missglückte PR. Andere loben das Unternehmen für den offenen Umgang mit der Krise.
Schuldeingeständnis ist vorbildlich
Durch das unumwundene Eingeständnis seiner Schuld wird der VW-Konzern noch in die Lehrbücher der Unternehmenskommunikation aufgenommen werden, lobt die linksliberale Wirtschaftszeitung Cinco Días: "Das klare und schlichte Mea Culpa, mit dem Volkswagen auf den schlimmsten Skandal seiner Geschichte reagiert, wird man wahrscheinlich in den Business Schools als vorbildliches Krisenmanagement lehren. Die deutsche Unternehmensgruppe wurde bis in ihre Grundfesten erschüttert, nachdem die Manipulation der Emissionswerte bei Dieselmotoren aufgedeckt worden war. Gestern veröffentlichte sie nun die ersten Ergebnisse ihrer internen Untersuchung, die sie nicht nur durchgeführt hat, um die Ursachen und mangelnden Kontrollen zu ermitteln, sondern auch, um das Firmenimage wieder aufzupolieren. ... Unabhängig von den anhängigen Gerichtsurteilen klar die eigene Schuld einzugestehen und gleichzeitig die Unternehmensführung umzustrukturieren, ist für VW die beste Art, den Absturz in eine Lektion zu verwandeln."
So sollte man PR eben nicht machen
Der VW-Konzern blamiert sich mit einer missglückten PR, findet die wirtschaftsliberale Tageszeitung Wirtschaftsblatt: "So, nun wissen wir es also: Der VW-Skandal war nur ein Sturm im Wasserglas, weil weit weniger Autos als zuerst gedacht von Manipulationen betroffen sind und überhaupt ist an dem Schlamassel nur eine Handvoll Mitarbeiter schuld. Diese wurden umgehend freigestellt, der Konzern steht auf sicheren Beinen und ist bereit, wieder einen Gang hinaufzuschalten. Derartiges teilte überspitzt formuliert gestern VW der Öffentlichkeit mit. Obwohl noch unklar ist, wie viele Automodelle mit manipulierter Software unterwegs sind, sind zwei Dinge schon jetzt fix. Erstens: Die Krisen-PR von VW gehört in Lehrbücher angehender PR-Strategen - allerdings als Musterbeispiel dafür, wie man es nicht machen soll. ... Nach all der hysterischen, öffentlich inszenierten Selbstgeißelung soll jetzt plötzlich alles halb so schlimm sein? ... Zweitens zeigt sich, dass an Skandalen immer nur ein paar Mitarbeitern in untergeordneter Funktion die Schuld zugesprochen wird."
VW-Spitze muss schnell Vertrauen herstellen
Nicht Absatzzahlen und Gewinn seien nun für VW der Maßstab, sondern Glaubwürdigkeit und Vertrauen, sagte Konzernchef Matthias Müller am Donnerstag. Der liberal-konservative Tagesspiegel lobt den Ansatz und fordert, dass den Worten schnell Taten folgen müssen: "Wie bringt man diesen neuen Geist einem Weltkonzern mit 600.000 Beschäftigten in 120 Werken bei? Einem Konzern, in dem es offenbar so viel Duckmäusertum und antiquierte Führungsstrukturen gibt, dass einige Ingenieure vor lauter Leistungs- und Kostendruck zu illegalen Tricks greifen mussten. ... Schuldige müssen gefunden und bestraft werden, Kunden entschädigt, Strukturen nachhaltig verändert werden. Sonst riskiert die gesamte Führung ein zweites Mal, unglaubwürdig zu werden. Volkswagen hat sein Qualitätsversprechen mit manipulierten Abgaswerten gebrochen. Die Zusage, nun ein besseres Unternehmen schaffen zu wollen, muss eingehalten werden."